Ablehnung der Vorwirkung auf vor dem 18.4.2016 „begonnene Verfahren“ – OLG Düsseldorf

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.11.2016 - VII - Verg 23/16 – Chauffeurdienstleistungen für Deutschen Bundestag – Beginn des Verfahrens: „Begonnen in diesem Sinn hat ein Vergabeverfahren, wenn der Auftraggeber über den internen Beschaffungsbeschluss - die Entscheidung, einen Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen oder Leistungen als Nachfrager auf dem Markt zu decken - hinaus eine externe Umsetzung - nämlich zweckbestimmte äußerlich wahrnehmbare Anstalten, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsschlusses auszuwählen - vornimmt. Beschließt ein öffentlicher Auftraggeber, kein Vergabeverfahren einzuleiten, weil der Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den Anwendungsbereich der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften fällt, ist allerdings bereits diese Entscheidung gerichtlich überprüfbar (vgl. EuGH, Urteil v. 11.01.2005, C-26/03 - Stadt Halle, Rn. 33). Die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers darüber, ob ein Auftrag in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der einschlägigen Vergaberechtsrichtlinien fällt, soll wirksam und rasch nachgeprüft werden können (EuGH aaO Rn. 41; Erwägungsgrund 2 der Richtlinie 2007/66/EG). Diese Nachprüfungsmöglichkeit steht jedem, der ein Interesse an dem fraglichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, von dem Zeitpunkt an zur Verfügung, in dem der Wille des öffentlichen Auftraggebers, der Rechtswirkungen entfalten kann, geäußert wird (vgl. EuGH aaO Rn. 41). Eine solche Äußerung liegt in der Bekanntgabe der Entscheidung vom 28.01.2016. Auf den Beginn der Vertragsverhandlungen mit der Beigeladenen oder gar den Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es mithin nicht an.“ -– keine Vorwirkung: „Art. 12 der Richtlinie 2014/24/EU, der es ausreichen lässt, wenn mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person der Ausführung der Aufgaben dienen, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen vom diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden, entfaltet keine Vorwirkung dergestalt, dass das bis zum 18.04.2016 geltende Recht mit Blick auf die neue Regelung richtlinienkonform auszulegen wäre. Mit Urteil vom 07.04.2016 (C-324/14 - Partner Apelski Dariusz, Rn. 83) hat der EuGH darauf hingewiesen, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung grundsätzlich diejenige Richtlinie anwendbar ist, die zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der öffentliche Auftraggeber die Art des Verfahrens auswählt und endgültig entscheidet, ob die Verpflichtung zu einem vorherigen Aufruf zum Wettbewerb für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags besteht. Neue EU-Richtlinien können allenfalls eine Vorwirkung entfalten, wenn es sich um bestimmte und unbedingte (vorbehaltlose) Regelungen handelt, die die den Mitgliedstaaten freistehenden Umsetzungsformen und -mittel einschränken (vgl. BGH, Urteil v. 05.02.1998, I ZR 211/95, NJW 1998, 2208, 2211; v. Danwitz, Europäisches Verwaltungsrecht, S. 190 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.11.2014, VII-Verg 30/14, juris Rn. 17). Art. 12 der Richtlinie 2014/24/EU ist keine derartige Regelung ohne Umsetzungsspielraum für die Mitgliedsstaaten. Die nationalen Gesetzgeber waren nicht gehindert, bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht strengere Anforderungen an die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe aufzustellen (zur sog. überschießenden Richtlinienumsetzung vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 03.12.2014, Verg 8/14, juris Rn. 15 f.), so beispielsweise hinsichtlich des zulässigen Umfangs von Tätigkeiten, die nicht für den öffentlichen Auftraggeber und die von diesem kontrollierten juristischen Personen erbracht werden. Überdies ist zu berücksichtigen, dass eine neue EU-Richtlinie nicht zur Auslegung der Bestimmungen der alten Richtlinie herangezogen werden kann, wenn in der neuen Richtlinie wesentliche Änderungen gegenüber der alten Rechtslage enthalten sind (vgl. EuGH aaO Rn. 86-93). Bei Art. 12 der Richtlinie 2014/24/EU handelt es sich nicht um eine bloße Festschreibung der Rechtsprechung des EuGH zu Verträgen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors, sondern es war im Hinblick darauf, dass die einschlägige Rechtsprechung des EuGH von den Mitgliedsstaaten und sogar einzelnen öffentlichen Auftraggebern unterschiedlich ausgelegt wurde, zu präzisieren, in welchen Fällen im öffentlichen Sektor geschlossene Verträge von der Anwendung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen sind (Erwägungsgrund 31 der Richtlinie 2014/24/EU). Wie bereits aufgezeigt, hat dies insbesondere bei der Festlegung des Wesentlichkeitskriteriums zu einer Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage geführt. Die mithin für den Streitfall maßgebliche Grenze einer Fremdtätigkeit von nicht mehr als 10 % ist eingehalten.....“ – keine private Beteiligung: „(3) An der Beigeladenen besteht keine private Kapitalbeteiligung. Wie bereits ausgeführt sind Gesellschafter der Beigeladenen der Bund und die E3 AG, die ihrerseits ein 100 %-iges Tochterunternehmen des Bundes ist.“