Neues zu Rahmenverträgen 2022

 

EuGH, Urt. v. 17.06.2021 -  C - 23 – 20 - Nutricia – „offene Rahmenvereinbarung“ ohne Höchstwertangabe rechtswidrig - Erwerb von Ausrüstung für künstliche Ernährung über Sonden häuslich versorgter Patienten und für Heime – Erforderlichkeit der Bekanntmachung mit Schätzwert oder Schätzmenge und Höchstmenge oder Höchstwert - Auftragsbekanntmachung ohne Angaben zum geschätzten Wert der Beschaffung der Rahmenvereinbarung und ohne Höchstwert der Rahmenvereinbarungen oder der geschätzten Menge oder Höchstmenge der nach den Rahmenvereinbarungen zu beschaffenden Waren: „54 Im Hinblick auf die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sowie die allgemeine Systematik der Richtlinie ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung keine Angaben zu einem Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren machen.“ ...“ 68 Aus alledem folgt, dass öffentliche Auftraggeber, die von Anbeginn an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind, sich für sich selbst und für potenzielle öffentliche Auftraggeber, die in dieser Vereinbarung eindeutig genannt werden, nur bis zu einer Höchstmenge und/oder einem Höchstwert verpflichten können und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.“ – Aber: Unwirksamkeit des Rahmenvertrags wäre unverhältnismäßig – also Einschränkung der Unwirksamkeit

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.02.2021 - Verg 22 / 20 – Umschulung - Rahmenvertrag – Aufhebung – Aufhebungsgründe - Information - § 63 VgVkeine Pflicht des Auftraggebers zur vollständigen und erschöpfenden Mitteilung aller Aufhebungsgründe gegenüber den Bietern – wesentliche Änderung der Grundlagen als Aufhebungsgrund (Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt) – Konkretisierung des Aufhebungsgrundes erst im Nachprüfungsverfahren zulässig -  aus der Entscheidung: „Der öffentliche Auftraggeber kann gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VgV ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufheben, wenn sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat. Dabei steht dem öffentlichen Auftraggeber bei seiner Entscheidung ein Ermessen zu („ist berechtigt“), das von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob die Vergabestelle ihr Ermessen ausgeübt hat, ob sie das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und keine sachwidrigen Erwägungen in die Wertung eingeflossen sind. Schließlich hat die Vergabestelle den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (OLG München, Beschluss vom 4. April 2013, Verg 4/13 – juris, Rn. 35 f.; OLG Celle, Beschluss vom 10. Juni 2010, 13 Verg 18/09 jeweils zu gleichlautenden Vorschriften).“

VK Bund Beschl. v. 19.1.2021 - VK 2 - 109/20 – Büromaterial Rahmenvertrag – Katalog - Antragsbefugnis – Präklusion (<nicht vorliegende> unzulässige de-facto-Vergabe des „Randsortiments“) - Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes durch „durchschnittlichen Bieter bei Durchsicht etc. der Vergabeunterlagen ohne anwaltliche Hilfe – Unbegründetheit: kein zulässiges Wertungskriterium Preis: Schwerpunkt der Preisprüfung auf sog. Kernsortiment <63 „Highrunner“-Büroartikel> und „eher grobe Sichtung des Randsortiments“) –– kein spekulatives bzw. unauskömmliches Angebot (Aufgreifschwelle nicht erreicht) – kein unterbliebener Nachweis der Punch-Out-Referenz, nicht erforderliche Nachunternehmererklärung (Hilfsleistung: Logistik) – Vorliegen der Referenzen für Punchout-Katalog des Bieters (Anzahl, Vergleichbarkeit, Leistungszeitraum) - Prüfung – Gleichbehandlung – Vorlage der geforderten Aufklärung für Punchout-Katalog - OCI-Punchout-Katalog <branchenübliche Software> – Erfüllung der Anforderungen an Punchout-Referenz.

Leistner, Matthias; Perino, Gianna, Second medical use Patente und  Arzneimittelrabattverträge – Ein ganzheitlicher Lösungsvorschlag auf kartellrechtlichem Wege, PharmR 2020, 743