1. BGH, Urt. v. 11. 11. 2010 - III ZR 57/10 – CR 2011, 163 - Vorzeitige Kündigung eines DSL-Vertrags
  2. BGH, Urt. v. 04. 03. 2010 - III ZR 79/09 - "Internet-System-Vertrag"
  3. BGH, Urt. v. 15. 11. 2006 - XII ZR 120/04 - Softwareüberlassung im Rahmen eines ASP-Vertrages
  4. BGH, Beschl. v. 3. 2. 2011 - I ZR 129/08 – CR 2011, 223 – UsedSoft – “gebrauchte Software”

    Anhang
    1. BGH, Urt. v. 11. 11. 2010 - III ZR 57/10 – CR 2011, 163 - Vorzeitige Kündigung eines DSL-Vertrags - §§ 314 I S. 1, 626 I BGB - Umzug kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung (Sphäre des Nutzers) – auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage Kündigung mit der Folge des § 326 II BGB - Leitsatz: Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen. – Aus der Entscheidung: „8….1. .a) Der Senat neigt dazu, den Vertrag, durch den sich der Anbieter von Telekommunikationsleistungen verpflichtet, einem Kunden den Zugang zum Internet herzustellen, als Dienstvertrag zu qualifizieren (Beschluss vom 23. März 2005 - III ZR 338/04 - NJW 2005, 2076). Er hat die Frage bisher offen lassen können. Auch jetzt muss sie nicht entschieden werden. Ob sich das Recht des Klägers zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags mit der Beklagten nach § 626 BGB oder nach § 314 BGB richtet, kann auf sich beruhen. Denn die Anforderungen an einen wichtigen Grund zur Kündigung des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 und des § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB sind, wie sich aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften ergibt, inhaltlich im Wesentlichen gleich. 9 b) Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann (z.B. BGH, Urteile vom 13. Februar 1995 - II ZR 225/93 - BGHR BGB § 626 Abs. 1 wichtiger Grund 7; vom 9. November 1992 - II ZR 234/91 - aaO wichtiger Grund 4 und vom 19. Oktober 1987 - II ZR 97/87 - aaO wichtiger Grund 1; zu § 314 BGB: BGH, Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 52/09 - NJW 2010, 1874 Rn. 15; siehe ferner zu § 313 BGB: BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07 - BGHZ 181, 77 Rn. 72). Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 aaO m.w.N.). Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995 - XII ZR 185/93 - ZMR 1996, 309, 311 und vom 29. November 1995 - XII ZR 230/94 - BGHR BGB § 242 Kündigung, wichtiger Grund 10 jew. zum Mietvertrag). Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 aaO m.w.N.). 10 Ob nach diesen Kriterien bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung zu werten sind, hat in erster Linie der Tatrichter zu entscheiden. ……. 11 c) Nach diesen Maßstäben sind die Würdigung des Berufungsgerichts und die ihr zugrunde liegende Interessenabwägung nicht zu beanstanden. 12 aa) Der Gläubiger einer Dienstleistung, der die Leistung infolge Wohnsitzwechsels nicht mehr in Anspruch nehmen kann, hat zwar im Ausgangspunkt unter dem Blickwinkel der Vertragsparität ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr zu entrichten. Das Berufungsgericht ist jedoch in Übereinstimmung mit der zuvor zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend davon ausgegangen, dass der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, grundsätzlich das Risiko trägt, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stellt ein Umzug, etwa aus familiärer oder beruflicher Veranlassung, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dar (so für einen Telefonfestnetzvertrag LG München I ZGS 2008, 357, 360; a.A. AG Ulm BeckRS 2008, 22785). Die Gründe für einen solchen Wohnsitzwechsel des Dienstberechtigten liegen allein in dessen Sphäre und sind von dem Anbieter der Leistung nicht beeinflussbar. 13 bb) Zutreffend ist auch die auf den konkreten Vertrag bezogene weitere Erwägung des Berufungsgerichts, dass die relativ lange, an die Grenze des nach § 309 Nr. 9 Buchst. b BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Zulässigen gehende Vertragslaufzeit von zwei Jahren die wirtschaftliche "Gegenleistung" des Klägers für einen niedrigeren monatlichen Grundpreis war und auch ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten möglich gewesen wäre. Hieraus ergibt sich, dass auch nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag das Risiko der Verwendbarkeit des DSL-Anschlusses während der vereinbarten Laufzeit beim Kläger liegt, denn dieser hat um seines pekuniären Vorteils Willen die vergleichsweise lange Vertragsdauer in Kauf genommen. 14 cc) In diesem Zusammenhang ist in die Interessenabwägung weiter einzustellen, dass bei der Beklagten, wie sie mit Schriftsatz vom 23. September 2008 unwidersprochen vorgetragen hat, mit der Bereitstellung des DSL-Anschlusses erhebliche Kosten, insbesondere für die Überlassung von Geräten (Router, WLAN-Stick), anfallen, die sich infolge der geringen monatlichen Grundgebühren regelmäßig erst während des zweiten Vertragsjahrs rechnen. Der Beklagten ist es nicht zuzumuten, aufgrund von allein aus der Sphäre des Kunden stammenden Umständen auf die Amortisation ihrer Anfangskosten zu verzichten. Gleiches gilt für den während der vereinbarten Mindestlaufzeit kalkulierten Gewinn, den sie anschließend erzielen kann und auf den sie vertrauen darf. Andererseits wird der Kläger durch die Fortentrichtung der moderaten monatlichen Grundbeträge nicht in wirtschaftlich unzumutbarer Weise belastet. Dies gilt umso mehr, als er mit dem Gebrauch des Mobiltelefons die der Beklagten obliegende Leistung teilweise auch weiterhin in Anspruch nehmen kann. 15 dd) Nicht zu beanstanden ist auch die weitere zulasten des Klägers in die Abwägung einbezogene Überlegung des Berufungsgerichts, es sei allgemein bekannt, dass nicht an jedem beliebigen Ort in Deutschland die technischen Voraussetzungen für DSL-Anschlüsse erfüllt sind. Damit hat der Kläger gewusst, zumindest aber damit rechnen können und müssen, dass bei einem Umzug nicht gewährleistet war, dass die Beklagte imstande sein würde, auch an dem neuen Wohnort ihre Leistung zu erfüllen. ……… Die Revision hat auch keinen übergangenen Sachvortrag des Klägers aufgezeigt, wonach der die Beklagte über die Verfügbarkeit der DSL-Technik falsch oder unzureichend unterrichtet hat. 17 2. Ein Kündigungsrecht des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage). Auch bei Anwendung des § 313 BGB ist zu beachten, dass grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst trägt (BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07 - BGHZ 181, 77 Rn. 71). Insbesondere kann derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie hier den Umzug, selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten (BGH aaO). Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen könnten, bestehen aus den vorstehenden Gründen nicht. 18 3. Der Kläger ist auch dann zur Entrichtung der verlangten monatlichen Grundgebühren verpflichtet, wenn man dafür hielte, der Beklagten sei die ihr obliegende Leistung infolge des Umzugs des Klägers (teilweise) unmöglich geworden, so dass dessen Anspruch aus dem Vertrag gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen wäre. Die Beklagte behielte ihren Anspruch auf die Gegenleistung jedenfalls gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB. Aus diesem Grunde ist die Klage auch insoweit unbegründet, als der Kläger die Feststellung verlangt, er sei zur Entrichtung der drei von der Beklagten über das Inkassounternehmen geltend gemachten Monatsbeträge einschließlich Nebenkosten nicht verpflichtet. Gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Schuldner, der von seiner Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB frei wird, die Gegenleistung weiterhin verlangen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der zum Fortfall der Leistungspflicht führt, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Die Verantwortlichkeit des Gläubigers kann sich nicht nur aus Verstößen gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten (§ 276 BGB) ergeben, sondern auch daraus, dass er nach der vertraglichen Risikoverteilung die Gefahr für ein bestimmtes Leistungshindernis übernommen hat (so bereits zu § 324 BGB a.F. Senatsurteil vom 18. Oktober 2001 - III ZR 265/00 - NJW 2002, 595 m.w.N.; weiterhin Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 326 Rn. 9; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 326 Rn. 14). Der Umzug des Klägers, der zum Fortfall der Leistungspflicht der Beklagten geführt hat, fällt aus den oben angeführten Gründen in seine vertragliche Risikosphäre."
    2. BGH, Urt. v. 04. 03. 2010 - III ZR 79/09 - "Internet-System-Vertrag" für Einzelkaufmann - Typ "€ Premium Plus" mit "Editorfunktion" und "Full Service" – Werkvertrag – wirksame AGB-Klausel mit Vorleistungspflicht - vertragliche Leistungsbeschreibung: Recherche und Registrierung einer Internet-Domain ("Domainservice"), Zusammenstellung der Webdokumentation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern, weitere Beratung und Betreuung über eine Hotline – bei Vertragsschluss zahlbare Anschlusskosten (99 € und Umsatzsteuer) - Vertragslaufzeit von insgesamt 36 Monaten (Entgelt monatlich 120 € und Umsatzsteuer) – Vorleistungsklausel in AGB des Auftragnehmers: „Der Berechnungszeitraum beginnt mit dem Datum der Unterschrift unter diesem Vertrag. Das nach diesem Vertrag zu zahlende Entgelt ist am Tag des Vertragsabschlusses und jeweils am selben Tage des folgenden Jahres jährlich im Voraus fällig. Abweichend von Satz zwei ist im ersten Vertragsjahr das Entgelt dreißig Tage nach Vertragsabschluss jährlich im Voraus fällig." – Leitsätze: Zur rechtlichen Einordnung eines "Internet-System-Vertrags", der die Erstellung und Betreuung einer Internetpräsentation (Website) des Kunden sowie die Gewährleistung der Abrufbarkeit dieser Website im Internet für einen festgelegten Zeitraum zum Gegenstand hat. Zur Frage der Wirksamkeit einer Klausel, die in einem "Internet-System-Vertrag" eine Vorleistungspflicht des Kunden begründet. – aus der Entscheidung: „10 a) Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB kann der erkennende Senat selbständig auslegen, weil eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt (BGHZ 163, 321, 323 f; Senat, Urteil vom 17. September 2009 - III ZR 207/08 - NJW 2010, 57 Rn. 16; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - NJW 2009, 3422, 3423 Rn. 20). Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist (Se-natsurteil BGHZ 175, 76, 80 f Rn. 9 m.w.N.; BGHZ 176, 244, 250 f Rn. 19 m.w.N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 aaO Rn. 21). 11 § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB begründet hiernach eine Vorleistungspflicht des Vertragspartners der Klägerin (Kunde bzw. "Partnerunternehmen"). Denn ihm wird aufgegeben, das vertragliche Entgelt jährlich im Voraus zu entrichten, und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit die Klägerin die ihr (für den jeweiligen Zeitabschnitt) obliegenden Leistungen - überhaupt oder ordnungsgemäß - erbringt. 12 b) Die Überprüfung der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, die eine Vorleistungspflicht des Kunden begründet, richtet sich in aller Regel - so auch hier - nach den Maßgaben des § 307 BGB. Danach ist eine Klausel, die den Kunden abweichend von der gesetzlichen Regelung zur Vorleistung verpflichtet, nur dann zulässig, wenn für sie ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen wird, insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen…..15 aa) Dem Berufungsgericht ist freilich darin beizupflichten, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB niedergelegte Vorleistungspflicht des Kunden vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweicht. Bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen "Internet-System-Vertrag" handelt es sich nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts insgesamt um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB, und gemäß § 641 Abs. 1, §§ 632a, 646 BGB hat nicht der Besteller, sondern der Werkunternehmer vorzuleisten. 16 Die Qualifizierung des "Internet-System-Vertrags" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zuordnung von Internet-Verträgen zu den Vertragstypen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie findet ihre maßgebliche Grundlage in dem von den Parteien vereinbarten Vertragszweck, wie er in der vertraglichen Leistungsbeschreibung und dem hieran anknüpfenden Parteiwillen, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, und rechtfertigt sich letztlich auch aus einem Vergleich mit Verträgen, die ähnliche Gegenstände betreffen und als Werkverträge anerkannt sind. 17 (1) Der "Internet-System-Vertrag" gehört zum Kreis der Internet-Provider-Verträge; unter diesem Oberbegriff wird eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstypen zusammengefasst, bei denen es sich zumeist um atypische oder gemischte Verträge handelt (s. etwa Spindler, CR 2004, 203 f; ders., in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil IV Rz. 4 f = S. 240 ff; Klett/ Pohle, DRiZ 2007, 198). Unbeschadet dessen lassen sich einzelne Vertragsgestaltungen im Rahmen der gebotenen Schwerpunktbetrachtung (BGHZ 2, 331, 333; Palandt/Grüneberg aaO vor § 311 Rn. 26) - unter besonderer Berücksichtigung der unter dem Blickwinkel des Auftraggebers gewählten Zielrichtung (Senat, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 12/01 - NJW 2002, 1571, 1573; BGHZ 54, 106, 107) - einem der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragstypen zuordnen. 18 (a) Bei dem "Access-Provider-Vertrag" geht es um die Pflicht des Anbieters, dem Kunden den Zugang zum Internet zu verschaffen; hierbei schuldet der Provider - nur - die Bereithaltung des Anschlusses und das sachgerechte Bemühen um die Herstellung der Verbindung in das Internet, so dass dieser Vertrag im Allgemeinen als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff BGB anzusehen ist (Senat, Beschluss vom 23. März 2005 - III ZR 338/04 - NJW 2005, 2076 m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 199; für die Annahme eines Werkvertrags hingegen Redeker, IT-Recht, 4. Aufl., Rn. 968). 19 (b) Gegenstand des "Application-Service-Providing (ASP)"-Vertrags ist die Bereitstellung von Softwareanwendungen für den Kunden zur Online-Nutzung über das Internet oder andere Netze. Im Vordergrund dieses Vertrages steht die (Online-)Nutzung fremder (Standard-)Software, die in aller Regel nicht nur einem, sondern einer Vielzahl von Kunden zur Verfügung gestellt wird, und somit der Gesichtspunkt der (entgeltlichen) Gebrauchsüberlassung, weshalb dieser Vertrag von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Mietvertrag im Sinne der §§ 535 ff BGB eingeordnet worden ist (BGH, Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394 f Rn. 11 ff; Klett/Pohle aaO S. 203; für die Einordnung als Dienstvertrag hingegen Redeker aaO Rn. 987 ff). 20 (c) Beim "Web-Hosting"-Vertrag (bzw. "Website-Hosting"-Vertrag) stellt der Anbieter auf seinem eigenen Server dem Kunden Speicherplatz und einen entsprechenden Internet-Zugang zur Verfügung, wobei es Sache des Kunden ist, diesen Speicherplatz (durch eine eigene Website) zu nutzen und zu verwalten. Dieser Vertrag weist dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte auf (s. dazu etwa MünchKommBGB/Busche, 5. Aufl., § 631 Rn. 279; Klett/Pohle aaO S. 202 f; Schuppert, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil II Rz. 48 f = S. 15 f und Teil V Rz. 3 ff = S. 513 ff). Findet der Vertragszweck seinen Schwerpunkt in der Gewährleistung der Abrufbarkeit der Website des Kunden im Internet, so liegt es allerdings nahe, insgesamt einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB anzunehmen (so OLG Düsseldorf, MMR 2003, 474 f; Redeker aaO Rn. 980). 21 (d) Im "Webdesign-Vertrag" verpflichtet sich der Anbieter, für den Kunden eine individuelle Website zu erstellen. Ein solcher Vertrag dürfte - ebenso wie ein Vertrag über die Erstellung oder Bearbeitung einer speziellen, auf die Bedürfnisse des Auftraggebers abgestimmten Software (s. BGHZ 102, 135, 140 f; BGH, Urteile vom 15. Mai 1990 - X ZR 128/88 - NJW 1990, 3008, vom 3. November 1992 - X ZR 83/90 - NJW 1993, 1063, vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93, 95 und vom 16. Dezember 2003 - X ZR 129/01 - NJW-RR 2004, 782, 783) - regelmäßig als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB, unter Umständen auch als Werklieferungsvertrag im Sinne von § 651 BGB, anzusehen sein (s. dazu etwa Busche aaO m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 201; Redeker aaO Rn. 980; Schneider, in: Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., Teil O Rz. 342 f = S. 2066; Schmidt, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil VIII Rz. 4 = S. 659 ff; Cichon, Internet-Verträge, 2. Aufl., S. 117 ff; Härting, Internetrecht, 3. Aufl., Rn. 334 ff = S. 83 ff). 22 (e) Beschränkt sich die Leistungspflicht des Anbieters auf die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten Internet-Domain, so stellt sich der Vertrag in der Regel als ein Werkvertrag dar, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 Abs. 1, §§ 631 ff BGB) zum Gegenstand hat (s. OLG Köln, MMR 2003, 191; Klett/Pohle aaO S. 200 m.w.N.; Redeker aaO Rn. 1085; Schuppert aaO Teil VI Rz. 11 = S. 600). 23 (f) Verträge über die "Wartung" oder "Pflege" von Software, EDV-Programmen oder Websites sind als Werkverträge einzuordnen, soweit sie auf die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und die Beseitigung von Störungen (und somit: auf einen Tätigkeitserfolg) gerichtet sind, wohingegen ihre Qualifizierung als Dienstvertrag nahe liegt, wenn es an einer solchen Erfolgsausrichtung fehlt und die laufende Serviceleistung (Tätigkeit) als solche geschuldet ist (s. dazu BGHZ 91, 316, 317; BGH; Urteil vom 8. April 1997 - X ZR 62/95 - NJW-RR 1997, 942, 943; ferner: OLG München, CR 1989, 283, 284 und CR 1992, 401, 402; Palandt/Sprau aaO vor § 631 Rn. 22; Busche aaO § 631 Rn. 284; Redeker aaO Rn. 648 ff m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 201). 24 (2) Der hier zu beurteilende "Internet-System-Vertrag" weist in einzelnen Elementen Bezüge zu einigen der vorerwähnten Vertragstypen auf, ist indes keinem dieser Vertragstypen vollständig zuzuordnen, sondern als eigener Vertragstypus anzusehen, der sich insgesamt als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB darstellt. 25 Nach dem vereinbarten Zweck des "Internet-System-Vertrags", wie er in der "Leistungsbeschreibung" in der Anlage zum Vertrag sowie in dem daran anknüpfenden Willen der Vertragsparteien, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, hat die Klägerin auf ihren eigenen Servern für den Kunden unter der von ihm gewünschten Domain eine Website (Homepage; Internetpräsentation) einzurichten, diese Website für den vereinbarten Zeitraum zu unterhalten und sie über das Internet Dritten zugänglich zu machen. Auf diesen Leistungszweck beziehen sich sämtliche der in der "Leistungsbeschreibung" aufgeführten einzelnen Leistungspflichten, nämlich die Recherche und Registrierung einer (den Kundenwünschen entsprechenden) Internet-Domain ("Domainservice"), die Zusammenstellung der Webdokumen-tation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, das "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern der Klägerin sowie die (diesbezügliche) weitere Beratung und Betreuung des Kunden über eine Hotline der Klägerin. 26 Gegenstand des "Internet-System-Vertrags" ist demnach die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin für ihren Kunden erstellten und betreuten Website (Homepage) im Internet und somit nicht das schlichte Tätigwerden der Klägerin als solches, sondern die Herbeiführung eines Erfolgs als Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin. Die "Abrufbarkeit" der Website ist in diesem Zusammenhang nicht als eine Garantie für den jederzeitigen Zugriff über das Internet - die der Webhostbetreiber wegen der technischen Gestaltung des Internet nicht übernehmen kann - zu verstehen, sondern dahin, dass die Website so bereitzustellen ist, dass sie für Internetnutzer abgerufen werden kann, wenn das Internet im üblichen Rahmen den Zugriff ermöglicht (Redeker aaO Rn. 980). Dementsprechend ist dieser Vertrag - anders als der lediglich auf die Verschaffung des Zugangs zum Internet angelegte "Access-Provider-Vertrag" - nicht als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff BGB, sondern als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB einzuordnen (zur allgemeinen Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag s. etwa Senat, Urteil vom 7. März 2002 aaO S. 1572; ferner BGHZ 31, 224, 226 ff; 54, 106, 107; BGH, Urteile vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83 - NJW 1984, 2406 f und vom 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - NJW 2002, 3323, 3324; Palandt/Sprau aaO vor § 631 Rn. 8; Busche aaO § 631 Rn. 14). Im Gegensatz zum "ASP-Vertrag" geht es bei dem "Internet-System-Vertrag" nicht - jedenfalls: nicht primär - um die Bereitstellung (Gebrauchsüberlassung) von Softwareanwendungen zur Online-Nutzung für den Kunden. Soweit die Klägerin dem Kunden nach dem "Internet-System-Vertrag" "Domainservice" und "Webdesign" schuldet, stellen diese Leistungen jeweils schon für sich genommen werkvertragliche Leistungen dar, denn dabei geht es um die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten Internet-Domain und um die Herstellung einer individuellen Website (Homepage), die - anders als beim Werklieferungsvertrag - nicht als bewegliche Sache an den Kunden "geliefert" wird, sondern auf den Servern und in der Verfügung der Klägerin verbleibt. Auch das von der Klägerin zu erbringende "Web-site-Hosting" steht einer werkvertraglichen Leistung näher als einer dienst- oder mietvertraglichen Leistung, da es in erster Linie dazu dient, die Abrufbarkeit der Website des Kunden im Internet zu gewährleisten und in diesem Sinne einen "Erfolg" herbeizuführen, somit weder als ein bloßes Tätigwerden noch lediglich als die Gebrauchsüberlassung von Speicherplatz angesehen werden kann. Im Lichte dieser prägenden Zweckrichtung ist schließlich auch die vertraglich vereinbarte Beratungs- und Betreuungspflicht der Klägerin zu würdigen; auch diese zielt auf die Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin erstellten und betreuten "Internetpräsentation" des Kunden. 27 (3) Der Einordnung des "Internet-System-Vertrags" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB steht es nicht entgegen, dass der Kunde ein monatliches pauschales Entgelt zu entrichten hat, dass der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist und somit Züge eines "Dauerschuldverhältnisses" aufweist und dass dem Kunden kein körperlicher Gegenstand als "Werkleistung" übereignet wird. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks kommt diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu. Sie finden sich insbesondere auch bei Werbeverträgen, die einen ähnlichen Zweck und Gegenstand wie der hier zu beurteilende "Internet-System-Vertrag" aufweisen und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Werkverträge angesehen worden sind, wie etwa Verträge über die Präsentation von Werbespots/Videoclips auf einem öffentlichen Videoboard (BGH, Urteil vom 26. März 2008 - X ZR 70/06 - NJW-RR 2008, 1155), über die Anbringung von Werbeplakaten auf bestimmten Flächen für eine festgelegte Zeitspanne (BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 aaO) oder über Werbeanzeigen im Telefonbuch (s. BGH, Urteil vom 24. September 2002 aaO m.w.N.). 28 bb) Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB bestimmte, vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweichende Vorleistungspflicht des Kunden kann sich indes auf sachliche Gründe stützen und trägt den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Klausel (wie hier) gegenüber einem Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 BGB) verwendet wird. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. 29 (1) Sachlich rechtfertigende Gründe findet die Vorleistungspflicht des Kunden zunächst darin, dass der Anbieter bei dem hier vorliegenden "Internet-System-Vertrag" bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit die Website zu erstellen und einzurichten sowie die Abrufbarkeit dieser Website im Internet herbeizuführen hat." Tatbestand 1 Die Parteien schlossen am 14. Juni 2005 einen "Internet-System-Vertrag" des Typs "€ Premium Plus" mit "Editorfunktion" und "Full Service". Nach der vertraglichen Leistungsbeschreibung schuldete die Klägerin dem Beklagten, der ein einzelkaufmännisches Unternehmen ("B. Abbruchsprengungen, Beton-, Bohr- und Sägearbeiten, Großfeuerwerke") betreibt, die Recherche und Registrierung einer Internet-Domain ("Domainservice"), die Zusammenstellung der Webdokumentation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, das "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern der Klägerin sowie die weitere Beratung und Betreuung über eine Hotline. Neben Anschlusskosten von 99 € zuzüglich Umsatzsteuer, die bei Vertragsabschluss zahlbar waren, hatte der Beklagte für die vereinbarte Vertragslaufzeit von insgesamt 36 Monaten ein Entgelt von monatlich 120 € zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten. Zur Zahlung dieses Entgelts trifft § 1 Abs. 1 der im Vertrag in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin folgende Regelung: Der Berechnungszeitraum beginnt mit dem Datum der Unterschrift unter diesem Vertrag. Das nach diesem Vertrag zu zahlende Entgelt ist am Tag des Vertragsabschlusses und jeweils am selben Tage des folgenden Jahres jährlich im Voraus fällig. Abweichend von Satz zwei ist im ersten Vertragsjahr das Entgelt dreißig Tage nach Vertragsabschluss jährlich im Voraus fällig. 2 Der Beklagte zahlte die Anschlusskosten und das Entgelt für das erste Vertragsjahr (2005/2006). Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Entgelte für das zweite und dritte Vertragsjahr (2006/2007 und 2007/2008) nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten. 3 Der Beklagte hat eingewandt, die Bestimmung einer Vorleistungspflicht in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB sei gemäß § 307 BGB unwirksam, die Klägerin habe die von ihr geschuldeten Leistungen nicht wie geschuldet erbracht und er, der Beklagte, habe den Vertrag wirksam gekündigt. 4 Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Entscheidungsgründe 5 Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. I. 6 Das Berufungsgericht (MMR 2009, 867) hat ausgeführt: 7 Der Klägerin stehe kein fälliger Anspruch auf die verlangten Entgelte zu. Ein solcher ergebe sich nicht aus der in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB vereinbarten Vorleistungspflicht, da diese Regelung wegen der Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 641, 632a BGB und erheblicher Benachteiligung der Vertragspartner der Klägerin nichtig sei. Bei dem "Internet-System-Vertrag" überwiege der werkvertragliche Charakter, denn der Schwerpunkt des Vertrages liege in der Gestaltung und Programmierung der individuellen Internetpräsenz und nicht in der Zurverfügungstellung von Software und Speicherkapazitäten auf den Servern der Klägerin. Etwaige Ansprüche aus § 649, § 632a BGB oder § 642 BGB habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. II. 8 Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. 9 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweist sich § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB nach Maßgabe des revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalts nicht als unwirksam. 10 a) Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB kann der erkennende Senat selbständig auslegen, weil eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt (BGHZ 163, 321, 323 f; Senat, Urteil vom 17. September 2009 - III ZR 207/08 - NJW 2010, 57 Rn. 16; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - NJW 2009, 3422, 3423 Rn. 20). Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist (Se-natsurteil BGHZ 175, 76, 80 f Rn. 9 m.w.N.; BGHZ 176, 244, 250 f Rn. 19 m.w.N.; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 aaO Rn. 21). 11 § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB begründet hiernach eine Vorleistungspflicht des Vertragspartners der Klägerin (Kunde bzw. "Partnerunternehmen"). Denn ihm wird aufgegeben, das vertragliche Entgelt jährlich im Voraus zu entrichten, und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit die Klägerin die ihr (für den jeweiligen Zeitabschnitt) obliegenden Leistungen - überhaupt oder ordnungsgemäß - erbringt. 12 b) Die Überprüfung der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, die eine Vorleistungspflicht des Kunden begründet, richtet sich in aller Regel - so auch hier - nach den Maßgaben des § 307 BGB. Danach ist eine Klausel, die den Kunden abweichend von der gesetzlichen Regelung zur Vorleistung verpflichtet, nur dann zulässig, wenn für sie ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen wird, insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen (BGHZ 100, 157, 161 ff; 141, 108, 114; 145, 203, 211; BGH, Urteile vom 23. Mai 1984 - VIII ZR 27/83 - NJW 1985, 850, 851, vom 24. September 2002 - KZR 38/99 - NJW-RR 2003, 834, 836 und vom 20. Juni 2006 - X ZR 59/05 - NJW 2006, 3134 Rn. 6, 10; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 309 Rn. 13; MünchKommBGB/Kieninger, 5. Aufl., § 309 Nr. 2 Rn. 14; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB [2006], § 309 Nr. 2 Rn. 7; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Rn. V 505 ff; Hensen, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 2 BGB Rn. 11 f). Diese Maßstäbe gelten auch dann, wenn die Vorleistungsklausel, wie im vorliegenden Fall, gegenüber einem Unternehmer verwendet wird (§ 14 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB), wobei den Besonderheiten des unternehmerischen Verkehrs im Rahmen der nötigen Interessenabwägung Rechnung getragen werden kann und muss (s. auch Dammann aaO Rn. V 508). Der Grundsatz der Leistung Zug um Zug (§§ 320, 322 BGB) gehört zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil er eine gleichmäßige Sicherheit für beide Vertragsparteien gewährleistet. Durch die ihm auferlegte Vorleistungspflicht wird dem Kunden das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsrechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) genommen und das Risiko der Leistungsunfähigkeit seines Vertragspartners, des Verwenders, aufgebürdet. Vor diesem Hintergrund bedarf es im Rahmen der bei der Überprüfung nach § 307 BGB anzustellenden umfassenden Interessenabwägung (vgl. etwa Senat, BGHZ 175, 102, 107 f Rn. 19 sowie Urteile vom 12. Februar 2009 - III ZR 179/08 - NJW 2009, 1334, 1337 Rn. 29 und vom 17. September 2009 aaO S. 58 Rn. 18) eines sachlichen Grundes für die Verwendung einer Vorleistungsklausel regelmäßig auch dann, wenn der Kunde Unternehmer ist (so auch Dammann aaO; offen gelassen in BGH, Urteil vom 24. September 2002 aaO; offen gelassen wohl auch bei Hensen aaO Rn. 17; a.A. OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1988, 1458, 1459; Kieninger aaO Rn. 21). 13 Eine solche Interessenabwägung ist auch und gerade dann vorzunehmen, wenn die gesetzliche Regelung wie beim Werkvertragsrecht abweichend vom Grundsatz der Leistung Zug um Zug sogar eine Vorleistungspflicht des die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden (Werk-)Unternehmers vorsieht. 14 c) Nach diesen Maßgaben hält die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB der Wirksamkeitskontrolle stand. 15 aa) Dem Berufungsgericht ist freilich darin beizupflichten, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB niedergelegte Vorleistungspflicht des Kunden vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweicht. Bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen "Internet-System-Vertrag" handelt es sich nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts insgesamt um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB, und gemäß § 641 Abs. 1, §§ 632a, 646 BGB hat nicht der Besteller, sondern der Werkunternehmer vorzuleisten. 16 Die Qualifizierung des "Internet-System-Vertrags" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zuordnung von Internet-Verträgen zu den Vertragstypen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie findet ihre maßgebliche Grundlage in dem von den Parteien vereinbarten Vertragszweck, wie er in der vertraglichen Leistungsbeschreibung und dem hieran anknüpfenden Parteiwillen, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, und rechtfertigt sich letztlich auch aus einem Vergleich mit Verträgen, die ähnliche Gegenstände betreffen und als Werkverträge anerkannt sind. 17 (1) Der "Internet-System-Vertrag" gehört zum Kreis der Internet-Provider-Verträge; unter diesem Oberbegriff wird eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstypen zusammengefasst, bei denen es sich zumeist um atypische oder gemischte Verträge handelt (s. etwa Spindler, CR 2004, 203 f; ders., in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil IV Rz. 4 f = S. 240 ff; Klett/ Pohle, DRiZ 2007, 198). Unbeschadet dessen lassen sich einzelne Vertragsgestaltungen im Rahmen der gebotenen Schwerpunktbetrachtung (BGHZ 2, 331, 333; Palandt/Grüneberg aaO vor § 311 Rn. 26) - unter besonderer Berücksichtigung der unter dem Blickwinkel des Auftraggebers gewählten Zielrichtung (Senat, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 12/01 - NJW 2002, 1571, 1573; BGHZ 54, 106, 107) - einem der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragstypen zuordnen. 18 (a) Bei dem "Access-Provider-Vertrag" geht es um die Pflicht des Anbieters, dem Kunden den Zugang zum Internet zu verschaffen; hierbei schuldet der Provider - nur - die Bereithaltung des Anschlusses und das sachgerechte Bemühen um die Herstellung der Verbindung in das Internet, so dass dieser Vertrag im Allgemeinen als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff BGB anzusehen ist (Senat, Beschluss vom 23. März 2005 - III ZR 338/04 - NJW 2005, 2076 m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 199; für die Annahme eines Werkvertrags hingegen Redeker, IT-Recht, 4. Aufl., Rn. 968). 19 (b) Gegenstand des "Application-Service-Providing (ASP)"-Vertrags ist die Bereitstellung von Softwareanwendungen für den Kunden zur Online-Nutzung über das Internet oder andere Netze. Im Vordergrund dieses Vertrages steht die (Online-)Nutzung fremder (Standard-)Software, die in aller Regel nicht nur einem, sondern einer Vielzahl von Kunden zur Verfügung gestellt wird, und somit der Gesichtspunkt der (entgeltlichen) Gebrauchsüberlassung, weshalb dieser Vertrag von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Mietvertrag im Sinne der §§ 535 ff BGB eingeordnet worden ist (BGH, Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394 f Rn. 11 ff; Klett/Pohle aaO S. 203; für die Einordnung als Dienstvertrag hingegen Redeker aaO Rn. 987 ff). 20 (c) Beim "Web-Hosting"-Vertrag (bzw. "Website-Hosting"-Vertrag) stellt der Anbieter auf seinem eigenen Server dem Kunden Speicherplatz und einen entsprechenden Internet-Zugang zur Verfügung, wobei es Sache des Kunden ist, diesen Speicherplatz (durch eine eigene Website) zu nutzen und zu verwalten. Dieser Vertrag weist dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte auf (s. dazu etwa MünchKommBGB/Busche, 5. Aufl., § 631 Rn. 279; Klett/Pohle aaO S. 202 f; Schuppert, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil II Rz. 48 f = S. 15 f und Teil V Rz. 3 ff = S. 513 ff). Findet der Vertragszweck seinen Schwerpunkt in der Gewährleistung der Abrufbarkeit der Website des Kunden im Internet, so liegt es allerdings nahe, insgesamt einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB anzunehmen (so OLG Düsseldorf, MMR 2003, 474 f; Redeker aaO Rn. 980). 21 (d) Im "Webdesign-Vertrag" verpflichtet sich der Anbieter, für den Kunden eine individuelle Website zu erstellen. Ein solcher Vertrag dürfte - ebenso wie ein Vertrag über die Erstellung oder Bearbeitung einer speziellen, auf die Bedürfnisse des Auftraggebers abgestimmten Software (s. BGHZ 102, 135, 140 f; BGH, Urteile vom 15. Mai 1990 - X ZR 128/88 - NJW 1990, 3008, vom 3. November 1992 - X ZR 83/90 - NJW 1993, 1063, vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93, 95 und vom 16. Dezember 2003 - X ZR 129/01 - NJW-RR 2004, 782, 783) - regelmäßig als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB, unter Umständen auch als Werklieferungsvertrag im Sinne von § 651 BGB, anzusehen sein (s. dazu etwa Busche aaO m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 201; Redeker aaO Rn. 980; Schneider, in: Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., Teil O Rz. 342 f = S. 2066; Schmidt, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Teil VIII Rz. 4 = S. 659 ff; Cichon, Internet-Verträge, 2. Aufl., S. 117 ff; Härting, Internetrecht, 3. Aufl., Rn. 334 ff = S. 83 ff). 22 (e) Beschränkt sich die Leistungspflicht des Anbieters auf die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten Internet-Domain, so stellt sich der Vertrag in der Regel als ein Werkvertrag dar, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 Abs. 1, §§ 631 ff BGB) zum Gegenstand hat (s. OLG Köln, MMR 2003, 191; Klett/Pohle aaO S. 200 m.w.N.; Redeker aaO Rn. 1085; Schuppert aaO Teil VI Rz. 11 = S. 600). 23 (f) Verträge über die "Wartung" oder "Pflege" von Software, EDV-Programmen oder Websites sind als Werkverträge einzuordnen, soweit sie auf die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und die Beseitigung von Störungen (und somit: auf einen Tätigkeitserfolg) gerichtet sind, wohingegen ihre Qualifizierung als Dienstvertrag nahe liegt, wenn es an einer solchen Erfolgsausrichtung fehlt und die laufende Serviceleistung (Tätigkeit) als solche geschuldet ist (s. dazu BGHZ 91, 316, 317; BGH; Urteil vom 8. April 1997 - X ZR 62/95 - NJW-RR 1997, 942, 943; ferner: OLG München, CR 1989, 283, 284 und CR 1992, 401, 402; Palandt/Sprau aaO vor § 631 Rn. 22; Busche aaO § 631 Rn. 284; Redeker aaO Rn. 648 ff m.w.N.; Klett/Pohle aaO S. 201). 24 (2) Der hier zu beurteilende "Internet-System-Vertrag" weist in einzelnen Elementen Bezüge zu einigen der vorerwähnten Vertragstypen auf, ist indes keinem dieser Vertragstypen vollständig zuzuordnen, sondern als eigener Vertragstypus anzusehen, der sich insgesamt als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB darstellt. 25 Nach dem vereinbarten Zweck des "Internet-System-Vertrags", wie er in der "Leistungsbeschreibung" in der Anlage zum Vertrag sowie in dem daran anknüpfenden Willen der Vertragsparteien, insbesondere auch in der verobjektivierten Kundenerwartung, zum Ausdruck kommt, hat die Klägerin auf ihren eigenen Servern für den Kunden unter der von ihm gewünschten Domain eine Website (Homepage; Internetpräsentation) einzurichten, diese Website für den vereinbarten Zeitraum zu unterhalten und sie über das Internet Dritten zugänglich zu machen. Auf diesen Leistungszweck beziehen sich sämtliche der in der "Leistungsbeschreibung" aufgeführten einzelnen Leistungspflichten, nämlich die Recherche und Registrierung einer (den Kundenwünschen entsprechenden) Internet-Domain ("Domainservice"), die Zusammenstellung der Webdokumentation - Bild- und Textmaterial - durch einen Webdesigner ("Vor-Ort-Beratung"), die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz nach bestimmten einzeln aufgeführten Vorgaben, das "Hosting" der Websites und Mailboxen auf den Servern der Klägerin sowie die (diesbezügliche) weitere Beratung und Betreuung des Kunden über eine Hotline der Klägerin. 26 Gegenstand des "Internet-System-Vertrags" ist demnach die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin für ihren Kunden erstellten und betreuten Website (Homepage) im In-ternet und somit nicht das schlichte Tätigwerden der Klägerin als solches, son-dern die Herbeiführung eines Erfolgs als Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin. Die "Abrufbarkeit" der Website ist in diesem Zusammenhang nicht als eine Garantie für den jederzeitigen Zugriff über das Internet - die der Webhostbetreiber wegen der technischen Gestaltung des Internet nicht übernehmen kann - zu verstehen, sondern dahin, dass die Website so bereitzustellen ist, dass sie für Internetnutzer abgerufen werden kann, wenn das Internet im üblichen Rahmen den Zugriff ermöglicht (Redeker aaO Rn. 980). Dementsprechend ist dieser Vertrag - anders als der lediglich auf die Verschaffung des Zugangs zum Internet angelegte "Access-Provider-Vertrag" - nicht als Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff BGB, sondern als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB einzuordnen (zur allgemeinen Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag s. etwa Senat, Urteil vom 7. März 2002 aaO S. 1572; ferner BGHZ 31, 224, 226 ff; 54, 106, 107; BGH, Urteile vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83 - NJW 1984, 2406 f und vom 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - NJW 2002, 3323, 3324; Palandt/Sprau aaO vor § 631 Rn. 8; Busche aaO § 631 Rn. 14). Im Gegensatz zum "ASP-Vertrag" geht es bei dem "Internet-System-Vertrag" nicht - jedenfalls: nicht primär - um die Bereitstellung (Gebrauchsüberlassung) von Softwareanwendungen zur Online-Nutzung für den Kunden. Soweit die Klägerin dem Kunden nach dem "Internet-System-Vertrag" "Domainservice" und "Webdesign" schuldet, stellen diese Leistungen jeweils schon für sich genommen werkvertragliche Leistungen dar, denn dabei geht es um die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten Internet-Domain und um die Herstellung einer individuellen Website (Homepage), die - anders als beim Werklieferungsvertrag - nicht als bewegliche Sache an den Kunden "geliefert" wird, sondern auf den Servern und in der Verfügung der Klägerin verbleibt. Auch das von der Klägerin zu erbringende "Web-site-Hosting" steht einer werkvertraglichen Leistung näher als einer dienst- oder mietvertraglichen Leistung, da es in erster Linie dazu dient, die Abrufbarkeit der Website des Kunden im Internet zu gewährleisten und in diesem Sinne einen "Erfolg" herbeizuführen, somit weder als ein bloßes Tätigwerden noch lediglich als die Gebrauchsüberlassung von Speicherplatz angesehen werden kann. Im Lichte dieser prägenden Zweckrichtung ist schließlich auch die vertraglich vereinbarte Beratungs- und Betreuungspflicht der Klägerin zu würdigen; auch diese zielt auf die Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin erstellten und betreuten "Internetpräsentation" des Kunden. 27 (3) Der Einordnung des "Internet-System-Vertrags" als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB steht es nicht entgegen, dass der Kunde ein monatliches pauschales Entgelt zu entrichten hat, dass der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist und somit Züge eines "Dauerschuldverhältnisses" aufweist und dass dem Kunden kein körperlicher Gegenstand als "Werkleistung" übereignet wird. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks kommt diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu. Sie finden sich insbesondere auch bei Werbeverträgen, die einen ähnlichen Zweck und Gegenstand wie der hier zu beurteilende "Internet-System-Vertrag" aufweisen und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Werkverträge angesehen worden sind, wie etwa Verträge über die Präsentation von Werbespots/Videoclips auf einem öffentlichen Videoboard (BGH, Urteil vom 26. März 2008 - X ZR 70/06 - NJW-RR 2008, 1155), über die Anbringung von Werbeplakaten auf bestimmten Flächen für eine festgelegte Zeitspanne (BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 aaO) oder über Werbeanzeigen im Telefonbuch (s. BGH, Urteil vom 24. September 2002 aaO m.w.N.). 28 bb) Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB bestimmte, vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweichende Vorleistungspflicht des Kunden kann sich indes auf sachliche Gründe stützen und trägt den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Klausel (wie hier) gegenüber einem Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 BGB) verwendet wird. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. 29 (1) Sachlich rechtfertigende Gründe findet die Vorleistungspflicht des Kunden zunächst darin, dass der Anbieter bei dem hier vorliegenden "Internet-System-Vertrag" bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit die Website zu erstellen und einzurichten sowie die Abrufbarkeit dieser Website im Internet herbeizuführen hat. Auf der Grundlage der vertraglichen Leistungsbeschreibung sind beide Vorinstanzen - im Einklang mit dem Vorbringen der Klägerin, dem der Beklagte nicht mit Substanz entgegengetreten ist - davon ausgegangen, dass damit die Klägerin typischerweise den überwiegenden Teil des von ihr zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten zu erbringenden Gesamtaufwands bei Vertragsbeginn tragen muss. Der Anbieter (hier: die Klägerin) hat daher ein berechtigtes Interesse daran, mit der Bezahlung jeglichen Entgelts nicht lange Zeit, etwa gar bis zum Ende der Vertragslaufzeit - also: bis zur vollständigen Erbringung der von ihm geschuldeten Werkleistung -, warten zu müssen. Ferner kann dem Anbieter die Zahlung monatlicher Ratenbeträge in dem hier in Rede stehenden Umfang von - lediglich - 120 € zuzüglich Umsatzsteuer einen nicht unerheblichen buchhalterischen Aufwand bereiten und sich eine monatliche Ratenzahlung aus seiner nachvollziehbaren Sicht deshalb als unpraktikabel erweisen. 30 (2) Dem berechtigten Interesse des Anbieters an einer dem jeweils erbrachten bzw. noch zu erbringenden Aufwand entsprechenden, praktikablen und zeitnahen Entgeltzahlung steht das ebenso berechtigte Interesse des Kunden gegenüber, das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsgerechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) zu behalten und nicht mit dem Risiko der Leistungsunfähigkeit seines Vertragspartners belastet zu werden. Durch die Vorleistungspflicht läuft der Kunde Gefahr, das von ihm geschuldete Entgelt auch dann entrichten zu müssen, wenn der Anbieter die ihm obliegende (Werk-) Leistung überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt. 31 Dem vorerwähnten Interesse des Kunden muss die Vorleistungsklausel auch dann Rechnung tragen, wenn der Kunde ein Unternehmer ist. Denn auch einem Unternehmer gegenüber wäre es nicht angemessen, wenn diesem das wesentliche Sicherungs- und Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages vollumfänglich und kompensationslos genommen würde. Dem Verwender einer formularmäßigen Vertragsbestimmung ist es gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB - auch bei Verwendung der Klausel gegenüber einem Unternehmer (s. § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB) - verwehrt, durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, da hierin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben läge (s. dazu etwa Senat, BGHZ 175, 102, 107 f Rn. 19 sowie Urteile vom 12. Februar 2009 aaO und 17. September 2009 aaO). 32 (3) Im Ergebnis der sonach gebotenen Interessenabwägung wird § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB den berücksichtigungsfähigen Interessen des Kunden - jedenfalls im unternehmerischen Verkehr - ausreichend gerecht. 33 Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in aller Regel den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit und ganz überwiegenden Teil der von ihr geschuldeten Leistung am Beginn der Vertragslaufzeit erbringt und demgegenüber auf die noch verbleibenden, in der nachfolgenden Vertragslaufzeit anstehenden Leistungen kein größerer Aufwand entfällt, ist es nicht unangemessen, wenn der Kunde (etwa) ein Drittel der von ihm zu zahlenden Gesamtvergütung (Werklohn) im Voraus zu entrichten hat. Diese Vorleistung, die zudem erst 30 Tage nach Vertragsabschluss fällig wird, belastet den Kunden vor allem deshalb nicht unverhältnismäßig, weil der Anteil des für das erste Jahr der Vertragslaufzeit im Vor-aus zu zahlenden Entgelts an der vereinbarten Gesamtvergütung deutlich hinter dem Anteil am Gesamtaufwand zurückbleibt, den die Klägerin zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten in diesem Zeitraum aufzubringen hat. Unter dem Blickwinkel dieser vergleichenden Betrachtung stellt die Zahlungsregelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB keine einseitige, unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. 34 Hinzu tritt, dass die Vorauszahlung etwa eines Drittels der vereinbarten Gesamtvergütung die Druckmittel des Kunden für die Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragsgerechte Erfüllung (ohne Erfordernis einer Prozessführung) nur in einem verhältnismäßig geringen Umfang beeinträchtigt. Leistet die Klägerin im ersten Vertragsjahr nicht oder nicht wie vereinbart, so kann der Kunde die für die beiden Folgejahre geschuldeten Entgeltbeträge zurückbehalten und Er-füllungs- oder Gewährleistungsansprüche geltend machen und den (Werk-)Vertrag gegebenenfalls auch kündigen. Um den Anspruch auf den auf das zweite und dritte Vertragsjahr entfallenden Entgeltanteil - insgesamt also (etwa) zwei Drittel der vereinbarten Gesamtvergütung - nicht zu verlieren, wird die Klägerin bestrebt sein, das Schwergewicht der von ihr geschuldeten Leistung - nämlich die Erstellung und Einrichtung der Website sowie die Gewährleistung der Abrufbarkeit dieser Website im Internet - rechtzeitig und ordnungsgemäß zu erbringen und ihren Kunden auf diese Weise zufrieden zu stellen. Geben die Leistungen der Klägerin - erst - im Verlauf des zweiten Vertragsjahres berechtigten Anlass für Beanstandungen des Kunden, so kann dieser mit der Einbehaltung des für das dritte Vertragsjahr zu zahlenden letzten Entgeltdrittels immer noch einen wirkungsvollen Druck auf die Klägerin ausüben und sie hierdurch zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Pflichten anhalten. Erst mit der Zahlung des zu Beginn des dritten Vertragsjahres zu entrichtenden Entgeltbetrages verliert der Kunde das Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Zu diesem Zeitpunkt aber hat die Klägerin den für die von ihr geschuldete Vertragserfüllung erforderlichen Gesamtaufwand regelmäßig schon nahezu vollständig erbracht. 35 2. Demnach durfte das Berufungsgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB sei unwirksam. Da wegen der weiteren gegen die Entgeltforderung der Klägerin vorgebrachten Einwände des Beklagten (keine vertragsgerechte Leistung der Klägerin; Kündigung des Vertrags) noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).
    3. BGH, Urt. v. 15. 11. 2006 - XII ZR 120/04 - Softwareüberlassung im Rahmen eines ASP-Vertrages – Software als Sache – Überlassung der Software Kauf- oder Mietvertrag – ASPVertrag ist Mietvertrag - Beweislast – Bedeutung der vertraglich geschuldeten Einweisung in den Gebrauch der Software – 12 a) Bei dem ASP (Application Service Providing/Bereitstellung von Softwareanwendungen und damit verbundener Dienstleistungen)-Vertrag in der hier abgeschlossenen Variante stellt der Anbieter auf seinem Server Software bereit und gestattet dem Kunden, diese Software für eine begrenzte Zeit über das Internet oder andere elektronische Netze zu nutzen. Die Software verbleibt während der gesamten Nutzungsdauer auf dem Rechner des Anbieters. Dem Kunden werden die jeweils benötigten Funktionen der Anwendungen lediglich über Datenleitungen auf seinem Bildschirm zur Verfügung gestellt. Als zusätzliche Leistung übernimmt der Anbieter in der Regel - wie auch hier - die Softwarepflege, Updates und Datensicherung und stellt für die Nutzung Speicherplatz zur Verfügung. 13 Als typische Leistung steht beim ASP-Vertrag danach die Gewährung der Onlinenutzung von Software für eine begrenzte Zeit im Mittelpunkt der vertraglichen Pflichten. Es liegt deshalb nahe, mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum, als Rechtsgrundlage für diese vertraglichen Ansprüche, einen Mietvertrag, der die entgeltliche Gebrauchsüberlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache zum Gegenstand hat, anzunehmen (Koch ITRB 2001, 39, 40; Bettinger/Scheffelt CR 2001, 729, 731; Röhrborn/Sinhart CR 2001, 69, 70 f.; Sedlmeier/Kolk MMR 2002, 75, 78; von Westerholt/Berger CR 2002, 81, 84; Junker NJW 2003, 2792, 2797; Marly Softwareüberlassungsverträge 4. Aufl. Rdn. 563, 567). 14 b) Entgegen der Ansicht der Revision scheidet eine Anwendung des Mietrechts nicht deshalb aus, weil es sich bei der Software nicht um eine Sache im Sinne des § 90 BGB handele. 15 Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass eine auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware als bewegliche Sache anzusehen ist, auf die je nach der vereinbarten Überlassungsform Miet- oder Kaufrecht anwendbar ist (BGHZ 143, 307, 309; 109, 97, 100 f.; 102, 135, 144; BGH Urteile vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 - MDR 1997, 913; vom 14. Juli 1993 - VIII ZR 147/92 - NJW 1993, 2436, 2437 f.; vom 7. März 1990 - VIII ZR 56/89 - NJW 1990, 3011; vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 83/83 - ZIP 1984, 962, 963; Beschluss vom 2. Mai 1985 - I ZB 8/84 - NJW-RR 1986, 219; vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht BGE 124 III 456, 459). Diese Auffassung hat im Schrifttum weitgehend Zustimmung erfahren (Ermann/Michalski 11. Aufl. § 90 Rdn. 3; Soergel/Marly 13. Aufl. § 90 BGB Rdn. 3; Palandt/Heinrichs 65. Aufl. § 90 BGB Rdn. 2; König NJW 1993, 3121 ff.; Marly BB 1991, 432; Koch aaO 40 f.; Henssler MDR 1993, 489, 490; Sedlmeier/Kolk aaO 77; a.A. Müller-Hengstenberg CR 2004, 161, 164; Redeker NJW 1992, 1739; Diedrich CR 2002, 473, 475; zum Streitstand: Marly aaO Rdn. 69 ff.). 16 Die beim ASP-Vertrag geschuldeten Softwareprogramme sind auch auf einem Datenträger verkörpert. Denn die der Steuerung des Computers dienenden Programme müssen, um ihre Funktion erfüllen zu können, d.h. um überhaupt nutzbar zu sein, in verkörperter Form vorhanden sein, sei es auf einem Wechselspeichermedium (z.B. auf Diskette, CD, USB-Stick), oder auf einer Festplatte oder auch nur auf einem flüchtigen (stromabhängigen) Speichermedium (vgl. hierzu Marly aaO Rdn. 102 m.w.N., 119). Gegenstand des ASP-Vertrages ist somit stets die verkörperte geistige Leistung. Dabei ist es ohne Bedeutung, auf welchem Informationsträger das Computerprogramm verkörpert ist. Entscheidend ist nur, dass es verkörpert und damit nutzbar ist. Vergleichbar mit dem elektronischen Datenträger ist das Buch. Auch das Buch, dessen Sachqualität nicht angezweifelt wird, ist Ergebnis einer schöpferischen Geistestätigkeit und wird ausschließlich wegen seines geistigen Inhalts und nicht wegen seines Informationsträgers, des Papiers, erworben. Dadurch ver-liert es jedoch nicht seine Sachqualität (Marly aaO Rdn. 98 m.w.N.). 17 Von der dem Anwender zur Nutzung des Computerprogramms überlassenen Werkverkörperung ist das urheberrechtlich geschützte Werk zu trennen (König aaO 3122). Letzteres spielt für die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrages keine Rolle. Denn der mit dem Softwareüberlassungsvertrag verfolgte Zweck geht dahin, dem Anwender die Nutzung eines Computerprogramms zu ermöglichen, sei es urheberrechtlich geschützt oder ungeschützt. Für ein geschütztes Programm bedarf es freilich zusätzlich der urheberrechtlich erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen, wie der Erlaubnis zur Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung gemäß § 69 c UrhG. Im Übrigen muss sich die Gewährleistung wegen Funktionsmängeln von Computersoftware bei urheberrechtlich geschützter und urheberrechtlich ungeschützter Software nach identischen Regeln richten, weil diese Frage mit dem Urheberrecht nicht im Zusammenhang steht (BGHZ 102, 135, 142). 18 c) Der Anwendbarkeit von Mietrecht steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte keinen Besitz an den verkörperten Computerprogrammen erlangt, sondern diese ihr nur über das Internet zugänglich sind. 19 Der Mietvertrag setzt keine Besitzverschaffung, sondern lediglich eine Gebrauchsüberlassung voraus. Art und Umfang der Gebrauchsüberlassung richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Nur wenn hiernach der Gebrauch der Mietsache notwendig deren Besitz voraussetzt, gehört zur Gebrauchsgewährung auch die Verschaffung des Besitzes (Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 86/01 - NJW 2002, 3322, 3323; BGH, Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589). Ist daher eine Besitzverschaffung für den vertragsgemäßen Gebrauch nicht erforderlich, wie hier bei der Onlinenutzung von Software, so genügt es für die Gebrauchsgewährung, wenn dem Mieter der Zugang zur Mietsache verschafft wird, der auch online erfolgen kann (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 - XII ZR 92/91 - NJW-RR 1993, 178 zur Qualifizierung der Nutzung eines Rechners, dessen Rechnerkapazität der Beklagten u. a. durch Fernzugang mittels DATEX-T ein-geräumt wurde, als Mietvertrag). 20 d) Ebenso wie die zeitlich begrenzte Softwareüberlassung durch Onlinezugriff auf den Server der Klägerin ist auch die hier weiter vereinbarte Zurverfügungstellung von Speicherkapazitäten auf dem Server der Klägerin zur Speicherung der von der Beklagten im Rahmen der Softwarenutzung eingegebenen Daten mietvertraglich zu qualifizieren (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 aaO). 21 e) Der Anwendung von Mietvertragsrecht auf die Softwareüberlassung steht auch nicht entgegen, dass in dem ASP-Vertrag weitere Leistungen wie Programmpflege, Programmupdates, Datensicherung, Hotlineservice und Einweisung in die Software vereinbart worden sind, die anderen Vertragstypen (Dienst- oder Werkvertrag) zugeordnet werden können. Insoweit handelt es sich bei dem ASP-Vertrag um einen zusammengesetzten Vertrag, bei dem jeder Vertragsteil nach dem Recht des auf ihn zutreffenden Vertragstypus zu beurteilen ist (BGHZ 63, 306, 309 ff.), soweit dies nicht im Widerspruch zum Gesamtvertrag steht (Senatsurteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 233/99 - NJW 2002, 1336, 1337). – aus der Entscheidung: „ Tatbestand: 1 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Entgelt aus einem Vertrag über die Nutzung von Software und Zahlung restlicher Schulungskosten. 2 Die Klägerin, die ihren Kunden auf einem zentralen Server installierte Buchhaltungs- und Warenwirtschaftssoftware zur Nutzung über das Internet zur Verfügung stellt, schloss mit der Beklagten am 19. Dezember 2000 einen Vertrag über einen so genannten "ASP-Service". Dieser umfasste die "Miete der Software incl. Programmpflege, kostenlose Programmupdates, Nutzung bis zu 500 MB Datenvolumen/User, tägliche Datensicherung, Hotlineservice" zu einem monatlichen Nutzungsentgelt von ursprünglich 900 DM netto. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Einweisung durch die Klägerin zu einem Festpreis von 3.100 DM. Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vertrag war mit einer Frist von 14 Tagen jeweils zum Monatsende kündbar. 3 Ab Mitte März 2001 nutzte die Beklagte die Software, die nach ihrer Behauptung schon bei Übergabe mangelhaft und unbrauchbar war. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 24. und 28. Juni 2001 verschiedene von der Klägerin bestrittene Mängel der Software gerügt hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 12. September 2001, das der Klägerin am 14. September 2001 zugegangen ist, den Vertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Gleichzeitig ließ sie die für die Zeit von März 2001 bis August 2001 von der Klägerin im Wege des Bankeinzuges von dem Konto der Beklagten abgebuchten Nutzungsentgelte in Höhe von insgesamt 7.563,21 DM zurückbuchen. Für die Einweisung hat die Beklagte an die Klägerin 2.250 DM bezahlt. 4 Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 4.912,24 € gerichteten Klage in Höhe von 3.458,21 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen; die auf Zahlung weiterer 1.323,05 € gerichtete Anschlussberufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. 5 Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 4.781,26 € weiter. Entscheidungsgründe: 6 Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 7 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 8 Der zwischen den Parteien abgeschlossene ASP-Vertrag sei ein Vertrag eigener Art, auf den im Wesentlichen Mietvertragsrecht anzuwenden sei. Bei ASP-Verträgen sei die Software auf dem Server des Anbieters gespeichert, so dass sie als Sache im Sinne von § 90 BGB anzusehen sei. Die Software werde vom Anbieter dem Kunden auch im Sinne von § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB überlassen, indem er sie ihm über das Internet zur Nutzung zur Verfügung stelle. 9 Im vorliegenden Fall habe die Klägerin nicht bewiesen, dass sie ihre vertragliche Pflicht, der Beklagten die Software in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, erfüllt habe. Die Beweislast für den vertragsgemäßen Zustand der Software bei deren Überlassung trage die Klägerin als Vermieterin. Diesen Beweis könne sie nach ihrer eigenen Darstellung nicht führen, da bei ihr weder die streitgegenständliche Software noch die Dateneingaben der Beklagten vorhanden seien, obwohl die Klägerin nach dem Vertrag zur Datensicherung verpflichtet gewesen sei und noch in der Klageschrift vorgetragen habe, die Daten seien noch vorhanden. Die Klägerin habe somit keinen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentgelt. Schulungsgebühren könne sie schon deshalb nicht verlangen, weil die Einweisung in eine nicht vertragsgemäß funktionierende Software für die Beklagte ohne Nutzen sei. 10 Das Landgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die Fragen, wie ein ASP-Vertrag rechtlich einzuordnen sei und wann ein Anbieter vertragsgemäß erfüllt habe, in der Rechtsprechung noch nicht geklärt seien. 11 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen so genannten ASP-Vertrag, soweit er auf die entgeltliche Überlassung von Standardsoftware gerichtet ist, Mietvertragsrecht angewandt. 12 a) Bei dem ASP (Application Service Providing/Bereitstellung von Softwareanwendungen und damit verbundener Dienstleistungen)-Vertrag in der hier abgeschlossenen Variante stellt der Anbieter auf seinem Server Software bereit und gestattet dem Kunden, diese Software für eine begrenzte Zeit über das Internet oder andere elektronische Netze zu nutzen. Die Software verbleibt während der gesamten Nutzungsdauer auf dem Rechner des Anbieters. Dem Kunden werden die jeweils benötigten Funktionen der Anwendungen lediglich über Datenleitungen auf seinem Bildschirm zur Verfügung gestellt. Als zusätzliche Leistung übernimmt der Anbieter in der Regel - wie auch hier - die Software-pflege, Updates und Datensicherung und stellt für die Nutzung Speicherplatz zur Verfügung. 13 Als typische Leistung steht beim ASP-Vertrag danach die Gewährung der Onlinenutzung von Software für eine begrenzte Zeit im Mittelpunkt der vertraglichen Pflichten. Es liegt deshalb nahe, mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum, als Rechtsgrundlage für diese vertraglichen Ansprüche, einen Mietvertrag, der die entgeltliche Gebrauchsüberlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache zum Gegenstand hat, anzunehmen (Koch ITRB 2001, 39, 40; Bettinger/Scheffelt CR 2001, 729, 731; Röhrborn/Sinhart CR 2001, 69, 70 f.; Sedlmeier/Kolk MMR 2002, 75, 78; von Westerholt/Berger CR 2002, 81, 84; Junker NJW 2003, 2792, 2797; Marly Softwareüberlassungsverträge 4. Aufl. Rdn. 563, 567). 14 b) Entgegen der Ansicht der Revision scheidet eine Anwendung des Mietrechts nicht deshalb aus, weil es sich bei der Software nicht um eine Sache im Sinne des § 90 BGB handele. 15 Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass eine auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware als bewegliche Sache anzusehen ist, auf die je nach der vereinbarten Überlassungsform Miet- oder Kaufrecht anwendbar ist (BGHZ 143, 307, 309; 109, 97, 100 f.; 102, 135, 144; BGH Urteile vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 - MDR 1997, 913; vom 14. Juli 1993 - VIII ZR 147/92 - NJW 1993, 2436, 2437 f.; vom 7. März 1990 - VIII ZR 56/89 - NJW 1990, 3011; vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 83/83 - ZIP 1984, 962, 963; Beschluss vom 2. Mai 1985 - I ZB 8/84 - NJW-RR 1986, 219; vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht BGE 124 III 456, 459). Diese Auffassung hat im Schrifttum weitgehend Zustimmung erfahren (Ermann/Michalski 11. Aufl. § 90 Rdn. 3; Soergel/Marly 13. Aufl. § 90 BGB Rdn. 3; Palandt/Heinrichs 65. Aufl. § 90 BGB Rdn. 2; König NJW 1993, 3121 ff.; Marly BB 1991, 432; Koch aaO 40 f.; Henssler MDR 1993, 489, 490; Sedlmeier/Kolk aaO 77; a.A. Müller-Hengstenberg CR 2004, 161, 164; Redeker NJW 1992, 1739; Diedrich CR 2002, 473, 475; zum Streitstand: Marly aaO Rdn. 69 ff.). 16 Die beim ASP-Vertrag geschuldeten Softwareprogramme sind auch auf einem Datenträger verkörpert. Denn die der Steuerung des Computers dienenden Programme müssen, um ihre Funktion erfüllen zu können, d.h. um überhaupt nutzbar zu sein, in verkörperter Form vorhanden sein, sei es auf einem Wechselspeichermedium (z.B. auf Diskette, CD, USB-Stick), oder auf einer Festplatte oder auch nur auf einem flüchtigen (stromabhängigen) Speichermedium (vgl. hierzu Marly aaO Rdn. 102 m.w.N., 119). Gegenstand des ASP-Vertrages ist somit stets die verkörperte geistige Leistung. Dabei ist es ohne Bedeutung, auf welchem Informationsträger das Computerprogramm verkörpert ist. Entscheidend ist nur, dass es verkörpert und damit nutzbar ist. Vergleichbar mit dem elektronischen Datenträger ist das Buch. Auch das Buch, dessen Sachqualität nicht angezweifelt wird, ist Ergebnis einer schöpferischen Geistestätigkeit und wird ausschließlich wegen seines geistigen Inhalts und nicht wegen seines Informationsträgers, des Papiers, erworben. Dadurch ver-liert es jedoch nicht seine Sachqualität (Marly aaO Rdn. 98 m.w.N.). 17 Von der dem Anwender zur Nutzung des Computerprogramms überlassenen Werkverkörperung ist das urheberrechtlich geschützte Werk zu trennen (König aaO 3122). Letzteres spielt für die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrages keine Rolle. Denn der mit dem Softwareüberlassungsvertrag verfolgte Zweck geht dahin, dem Anwender die Nutzung eines Computerprogramms zu ermöglichen, sei es urheberrechtlich geschützt oder ungeschützt. Für ein geschütztes Programm bedarf es freilich zusätzlich der urheberrechtlich erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen, wie der Erlaubnis zur Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung gemäß § 69 c UrhG. Im Übrigen muss sich die Gewährleistung wegen Funktionsmängeln von Computersoftware bei urheberrechtlich geschützter und urheberrechtlich ungeschützter Software nach identischen Regeln richten, weil diese Frage mit dem Urheberrecht nicht im Zusammenhang steht (BGHZ 102, 135, 142). 18 c) Der Anwendbarkeit von Mietrecht steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte keinen Besitz an den verkörperten Computerprogrammen erlangt, sondern diese ihr nur über das Internet zugänglich sind. 19 Der Mietvertrag setzt keine Besitzverschaffung, sondern lediglich eine Gebrauchsüberlassung voraus. Art und Umfang der Gebrauchsüberlassung richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Nur wenn hiernach der Gebrauch der Mietsache notwendig deren Besitz voraussetzt, gehört zur Gebrauchsgewährung auch die Verschaffung des Besitzes (Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 86/01 - NJW 2002, 3322, 3323; BGH, Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589). Ist daher eine Besitzverschaffung für den vertragsgemäßen Gebrauch nicht erforderlich, wie hier bei der Onlinenutzung von Software, so genügt es für die Gebrauchsgewährung, wenn dem Mieter der Zugang zur Mietsache verschafft wird, der auch online erfolgen kann (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 - XII ZR 92/91 - NJW-RR 1993, 178 zur Qualifizierung der Nutzung eines Rechners, dessen Rechnerkapazität der Beklagten u. a. durch Fernzugang mittels DATEX-T ein-geräumt wurde, als Mietvertrag). 20 d) Ebenso wie die zeitlich begrenzte Softwareüberlassung durch Onlinezugriff auf den Server der Klägerin ist auch die hier weiter vereinbarte Zurverfügungstellung von Speicherkapazitäten auf dem Server der Klägerin zur Speicherung der von der Beklagten im Rahmen der Softwarenutzung eingegebenen Daten mietvertraglich zu qualifizieren (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 aaO). 21 e) Der Anwendung von Mietvertragsrecht auf die Softwareüberlassung steht auch nicht entgegen, dass in dem ASP-Vertrag weitere Leistungen wie Programmpflege, Programmupdates, Datensicherung, Hotlineservice und Einweisung in die Software vereinbart worden sind, die anderen Vertragstypen (Dienst- oder Werkvertrag) zugeordnet werden können. Insoweit handelt es sich bei dem ASP-Vertrag um einen zusammengesetzten Vertrag, bei dem jeder Vertragsteil nach dem Recht des auf ihn zutreffenden Vertragstypus zu beurteilen ist (BGHZ 63, 306, 309 ff.), soweit dies nicht im Widerspruch zum Gesamtvertrag steht (Senatsurteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 233/99 - NJW 2002, 1336, 1337). 22 3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei für den mangelfreien Zustand der Software bei deren Überlassung an die Beklagte beweisbelastet, wird jedoch von seinen Feststellungen nicht getragen. 23 a) Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Vermieter beweisen, dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 8. Aufl. § 535 Rdn. 47; Palandt/Weidenkaff 65. Aufl. § 535 Rdn. 33). 24 Nach Überlassung der Mietsache obliegt demgegenüber dem Mieter die Beweislast dafür, dass die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen hat (BGH Urteil vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 154/84 - NJW 1985, 2328, 2329; Wolf/ Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 246; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III B Rdn. 1368; Marly aaO Rdn. 872; für Leasing und Kauf nach Entgegennahme der Sache: BGH Urteil vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88 - NJW 1989, 3222, 3224; BGHZ 159, 215, 217 f.). Dies ergibt sich aus § 363 BGB, der die Beweislast dem Gläubiger auferlegt, wenn er die Leistung des Schuldners als Erfüllung angenommen hat. Für die Frage, wer die Beweislast trägt, kommt es somit darauf an, ob die Mietsache überlassen und vom Mieter angenommen worden ist. 25 Überlassen ist die Mietsache, wenn der Mieter in die Lage versetzt wird, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen. Wann das der Fall ist, beurteilt sich nach dem Umfang der vereinbarten Leistungen. Eine Annahme als Erfüllung, die anders als die Abnahme gemäß § 640 BGB kein Rechtsgeschäft, sondern eine tatsächliche Handlung ist (MünchKomm/Wenzel 4. Aufl. § 363 BGB Rdn. 3), liegt vor, wenn der Mieter durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Mietsache als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Ein allgemeiner Vorbehalt, dass die Vertragsmäßigkeit der Leistung nicht anerkannt werde, schließt die Annahme als Erfüllung nicht aus (RGZ 71, 23). 26 b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte die Software ab Mitte März 2001 genutzt und mit Schreiben vom 24. Juni und 28. Juni 2001 verschiedene Mängel gerügt hat. Auf der Grundlage dieser Feststellungen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Klägerin die Beweislast für die Mangelfreiheit der Software trägt. Denn durch die Nutzung der Software über mehrere Monate ohne Mängelrüge hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie die Software als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Dann trifft aber nach den oben dargestellten Grundsätzen die Beklagte die Beweislast für den von ihr behaupteten mangelhaften Zustand der Mietsache. 27 4. Eine vertragsgemäße Überlassung der Mietsache läge allerdings dann nicht vor, wenn die Klägerin durch die bloße Überlassung der Software die vertraglich geschuldete Leistung nicht vollständig erbracht hätte. Davon wäre auszugehen, wenn die Klägerin die zusätzlich vertraglich vereinbarte Einweisung nicht durchgeführt hätte (vgl. für den Kauf von Software: BGHZ 143, 307, 313). Denn erst nach erfolgter Einweisung wäre die Beklagte in der Lage gewesen, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen. 28 Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die von ihr vertraglich geschuldete Einweisung vorgenommen hat. Es hat die Einweisung in eine mangelhafte Software von vorneherein für wertlos angesehen und demgemäss die vom Amtsgericht hierzu erhobenen Beweise nicht gewürdigt. 29 Die Sache war an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen nachholen kann.
    4. BGH, Beschl. v. 3. 2. 2011 - I ZR 129/08 – CR 2011, 223 – UsedSoft – Vorlagebeschluss - Art. 5 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 Computerprogramm-RL, Art. 44a, 69a III, 69c Nr. 1, 69d I, 69e, 97 I UrhG - Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist derjenige, der sich auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms berufen kann, "rechtmäßiger Erwerber" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG? 2. Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Erschöpft sich das Recht zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG, wenn der Erwerber die Kopie mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigt hat? 3. Für den Fall, dass auch die zweite Frage bejaht wird: Kann sich auch derjenige, der eine "gebrauchte" Softwarelizenz erworben hat, für das Erstellen einer Programmkopie als "rechtmäßiger Erwerber" nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der vom Ersterwerber mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigten Kopie des Computerprogramms berufen, wenn der Ersterwerber seine Programmkopie gelöscht hat oder nicht mehr verwendet? Gründe: 1 I. Die Klägerin entwickelt und vertreibt Computersoftware, insbesondere Datenbanksoftware, die von Unternehmen, Behörden und Organisationen genutzt wird. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesen Programmen. Sie ist außerdem Inhaberin von deutschen Wortmarken und Gemeinschaftswortmarken "Oracle", die unter anderem für Computersoftware eingetragen sind. 2 Die Klägerin vertreibt ihre Software in 85% der Fälle per Download über das Internet. Dabei erhält der Kunde von der Klägerin keinen Datenträger, sondern lädt die Software unmittelbar von der Internetseite der Klägerin auf seinen Computer herunter. Bei den Programmen handelt es sich um sogenannte Client-Server-Software. Das Nutzungsrecht an ihnen umfasst die Befugnis, die Software dauerhaft auf einem Server zu speichern und einer bestimmten Anzahl von Nutzern dadurch Zugriff zu gewähren, dass sie in den Arbeitsspeicher ihrer Arbeitsplatzrechner geladen wird. Im Rahmen eines Software-Pflegevertrags können aktualisierte Versionen der Software (Updates) und Programme, die der Fehlerbehebung dienen (Patches), von der Internetseite der Klägerin heruntergeladen werden. Auf Wunsch werden die Programme auch auf CD-ROM oder DVD ausgeliefert. 3 Die Lizenzverträge der Klägerin enthalten unter "Rechtseinräumung" folgende Bestimmung: Mit der Zahlung für Services haben Sie ausschließlich für Ihre internen Geschäftszwecke ein unbefristetes, nicht ausschließliches, nicht abtretbares und gebührenfreies Nutzungsrecht für alles, was Oracle entwickelt und Ihnen auf der Grundlage dieses Vertrags überlässt. 4 Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bewarb sie mit der nachfolgend wiedergegebenen Anzeige eine "ORACLE SONDERAKTION", bei der sie "bereits benutzte" Lizenzen für Programme der Klägerin anbot. Dabei wies sie darauf hin, alle Lizenzen seien aktuell, da die Wartung noch bestehe; die Rechtmäßigkeit des Verkaufs werde durch ein Notartestat bestätigt. In dem Notartestat heißt es, es habe eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers vorgelegen, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. 5 Die Beklagte veranlasst dadurch Kunden, die noch nicht im Besitz der aktuellen Softwareversion sind, die Software nach dem Erwerb der Lizenzen von der Internetseite der Klägerin auf Datenträger herunterzuladen. Kunden, die bereits über die Software verfügen und Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzukaufen, veranlasst die Beklagte damit, die Software in den Arbeitsspeicher der Arbeitsplatzrechner weiterer Anwender zu laden. 6 Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze dadurch, dass sie die Erwerber "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, das Urheberrecht an diesen Programmen. Die Benutzung der Bezeichnung "ORACLE" beim Angebot dieser Lizenzen verletze darüber hinaus ihre Marken. Die Werbung für den Kauf der Lizenzen sei irreführend. 7 Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, 1. Dritte zu veranlassen, Oracle Software zu vervielfältigen, indem Dritten durch einen vermeintlichen Erwerb von Lizenzen, insbesondere durch den Hinweis auf den aktuellen Wartungsstand, der Eindruck vermittelt wird, dass sie zur Nutzung und korrespondierenden Vervielfältigung berechtigt seien; 2. im geschäftlichen Verkehr mit Software das Zeichen ORACLE zu benutzen, insbesondere unter dem Zeichen Software oder Softwarelizenzen anzubieten oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Software zu benutzen; 3. für Lizenzen von Oracle-Software mit den Worten - "Oracle Sonderaktion", - "Große Oracle Sonderaktion", - "Der rechtmäßige Verkauf wird durch ein Notartestat bestätigt" oder - "Jetzt begehrte ORACLE-Lizenzen sichern" zu werben. 8 Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG München I, ZUM 2007, 409). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München, ZUM 2009, 70). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. 9 II. Der Erfolg der Revision hängt, soweit sie gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem auf eine Verletzung des Urheberrechts an den Computerprogrammen gestützten Klageantrag zu 1 gerichtet ist, davon ab, wie Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16; im Folgenden Richtlinie 2009/24/EG) auszulegen sind. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen. 10 1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Landgerichts ausgeführt, die Computerprogramme, die in der beanstandeten Werbung der Beklagten für den Erwerb gebrauchter Softwarelizenzen genannt seien, seien als individuelle geistige Werkschöpfungen nach § 69a Abs. 3 UrhG urheberrechtlich geschützt. Die Klägerin sei als Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte nach § 97 Abs. 1 UrhG berechtigt, die Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen zu verlangen. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, Computerprogramme der Klägerin nach dem Erwerb solcher Lizenzen von deren Internetseite auf Datenträger herunterzuladen oder in die Arbeitsspeicher weiterer Arbeitsplatzrechner hochzuladen, könne sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, soweit ihre Kunden dadurch unbefugt in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme eingriffen. Diese Beurteilung lässt nach Auffassung des Senats keinen Rechtsfehler erkennen. 11 2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Kunden der Beklagten, die Computerprogramme der Klägerin von deren Internetseite auf eine Server oder ein anderes Speichermedium herunterladen oder von ihrem Server oder einem anderen Speichermedium in den Arbeitsspeicher weiterer Computer hochladen, griffen dadurch in das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 69c Nr. 1 UrhG ein, die Computerprogramme dauerhaft oder vorübergehend zu vervielfältigen. Diese Beurteilung begegnet auch im Blick darauf, dass § 69c Nr. 1 UrhG der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/24/EG dient und daher richtlinienkonform auszulegen ist, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dass die fraglichen Handlungen als Vervielfältigungen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/24/EG anzusehen sind, ist nach Ansicht des Senats derart offenkundig, dass es insoweit keiner Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedarf. 12 a) Soweit Kunden der Beklagten die Programme der Klägerin von deren Internetseite auf einen Server oder ein anderes Speichermedium herunterladen, liegt eine Vervielfältigung vor. Die Programme werden dadurch dauerhaft körperlich festgelegt und den menschlichen Sinnen mittelbar - durch Computer, die die Programme verarbeiten - wahrnehmbar gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1990 - I ZR 139/89, BGHZ 112, 264, 278 - Betriebssystem; Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 36 = WRP 2010, 922 - marions-kochbuch.de). 13 b) Eine nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers zulässige Vervielfältigung erfolgt aber auch dann, wenn Kunden der Beklagten die bereits auf einem Server oder einem anderen Speichermedium abgelegte Software der Klägerin - wenn auch nur vorübergehend - in den Arbeitsspeicher weiterer Computer hochladen. Das Vervielfältigungsrecht erfasst zwar nicht jeden technischen Kopiervorgang (vgl. BGHZ 112, 264, 277 f. - Betriebssystem; BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - I ZR 267/91, GRUR 1994, 363, 364 f. = WRP 1994, 299 - Holzhandelsprogramm). Das Speichern eines Programms, das - wie das Laden eines Programms in den Arbeitsspeicher eines Computers - eine zusätzliche Nutzung des Programms durch weitere Programmkopien ermöglicht, stellt jedoch eine Vervielfältigung dar, die nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2009/24/EG und § 69c Nr. 1 Satz 2 UrhG der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf (vgl. Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 69c UrhG Rn. 5 f.; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 69c UrhG Rn. 7; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 69c Rn. 8; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 69c UrhG Rn. 9). 14 3. Kunden der Beklagten, die nach dem Erwerb "gebrauchter" Lizenzen die entsprechenden Programme der Klägerin in der beschriebenen Weise vervielfältigen, können sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht auf ein ihnen von der Beklagten wirksam übertragenes Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme stützen. 15 Die Klägerin räumt ihren Kunden in den Lizenzverträgen zwar ein nicht ausschließliches Nutzungsrecht an ihren Programmen ein, das die Berechtigung umfasst, die Software dauerhaft auf einem Server zu speichern und einer bestimmten Anzahl von Nutzern dadurch Zugriff zu gewähren, dass sie in den Arbeitsspeicher ihrer Arbeitsplatzrechner geladen wird. Dieses Nutzungsrecht ist nach den Lizenzbedingungen der Klägerin jedoch "nicht abtretbar"; die Kunden der Klägerin sind daher nicht berechtigt, das Recht zur Vervielfältigung der Programme weiterzuübertragen. Ein gutgläubiger Erwerb urheberrechtlicher Nutzungsrechte ist nicht möglich (BGH, Urteil vom 12. Februar 1952 - I ZR 115/51, BGHZ 5, 116, 119 - Parkstraße 13; Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 153/06, BGHZ 180, 344 Rn. 19 - Reifen Progressiv). Die Kunden der Klägerin konnten das Recht zur Vervielfältigung der Programme daher nicht wirksam auf die Beklagte übertragen; die Beklagte konnte dieses Recht folglich auch nicht wirksam auf ihre Kunden weiterübertragen. 16 4. Soweit das Laden der Software in den Arbeitsspeicher weiterer Arbeitsplatzrechner in Rede steht, greift zugunsten von Kunden der Beklagten auch nicht die Schrankenregelung des § 44a UrhG ein. Nach dieser Bestimmung, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10; im Folgenden Richtlinie 2001/29/EG) wörtlich ins deutsche Recht umsetzt, sind bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, zulässig, wenn es deren alleiniger Zweck ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes zu ermöglichen. 17 Es kann offenbleiben, ob diese Vorschrift überhaupt anwendbar ist oder ob die Bestimmungen der §§ 69d und 69e UrhG, die der Umsetzung von Art. 5 und 6 der Richtlinie 2009/24/EG dienen, für Computerprogramme abschließend regeln, welche Nutzungshandlungen keiner Zustimmung des Rechtsinhabers bedürfen (so v. Welser in Wandtke/Bullinger aaO § 44a UrhG Rn. 23; aA Schricker/Loewenheim aaO § 44a UrhG Rn. 3; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 44a Rn. 2). Jedenfalls sind die Voraussetzungen dieser Regelung schon deshalb nicht erfüllt, weil die in Rede stehende Vervielfältigung - das Laden der Software in den Arbeitsspeicher weiterer Arbeitsplatzrechner - eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte für die Erteilung einer Lizenz zu dieser Nutzung eine Vergütung verlangt. 18 5. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es demnach darauf an, ob sich die Kunden der Beklagten mit Erfolg auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen können, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. 19 Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms in Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Dem entspricht die deutsche Regelung: Nach § 69d Abs. 1 UrhG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms, soweit keine besonderen vertraglichen Bestimmungen vorliegen, nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig ist. 20 a) Zunächst stellt sich die Frage, ob derjenige, der zwar (wie die Kunden der Beklagten) nicht über ein vom Rechtsinhaber abgeleitetes Nutzungsrecht am Computerprogramm verfügt (vgl. oben unter II 3), sich aber (wie die Beklagte mit Blick auf ihre Kunden geltend macht) auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung einer Kopie des Computerprogramms berufen kann, "rechtmäßiger Erwerber" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG - und damit ein "zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigter" im Sinne des § 69d Abs. 1 UrhG - ist. 21 aa) Nach einer Ansicht ist allein derjenige "rechtmäßiger Erwerber" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG, der über ein vom Berechtigten abgeleitetes Nutzungsrecht am Computerprogramm verfügt (vgl. zu § 69d UrhG Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtschutz, Ur-heberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 69d UrhG Rn. 2; Schricker/Loewenheim aaO § 69d Rn. 4; Haberstumpf, CR 2009, 346; Moritz in FS Heussen, 2009, S. 221, 266 ff.). Nach dieser Auffassung konkretisiert Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG lediglich die dem Nutzungsberechtigten im Falle einer Einräumung von Nutzungsrechten zustehenden Mindestrechte. 22 bb) Nach anderer Ansicht, der auch der Senat zuneigt, ist darüber hinaus auch derjenige "rechtmäßiger Erwerber" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG, der sich auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der Programmkopie berufen kann (Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art. 5 Software-RL Rn. 42; Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69d UrhG Rn. 24 und 26 f.; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69d Rn. 6; Fromm/Nordemann/Czychowski, Urheberrecht, 10. Aufl., § 69d UrhG Rn. 10). Für diese Ansicht spricht, dass die durch den Eintritt der Erschöpfung bewirkte Verkehrsfähigkeit des Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms weitgehend sinnlos wäre, wenn der Erwerber eines solchen Vervielfältigungsstücks nicht das Recht zur Vervielfältigung des Computerprogramms hätte; denn die Nutzung eines Computerprogramms erfordert - anders als die Nutzung anderer urheberrechtlich geschützter Werke - regelmäßig dessen Vervielfältigung (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69c Rn. 25 und § 69d Rn. 6). Bei dieser Betrachtungsweise dient die Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG - unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung als gesetzliche Schranke, gesetzliche Lizenz oder (auch) vertragliche Auslegungsvorschrift (vgl. zu § 69d UrhG Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69d Rn. 2) - einer Absicherung der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG (vgl. zu § 69d UrhG Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69d UrhG Rn. 26 mwN). 23 b) Falls die erste Frage zu bejahen sein sollte, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Recht zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG - und damit das Verbreitungsrecht nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG - auch dann erschöpft, wenn der Erwerber (wie im Streitfall die Kunden der Klägerin) diese Kopie mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigt hat. 24 Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Union, die durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erfolgt, erschöpft sich in der Union nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie; ausgenommen hiervon ist jedoch nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 2 der Richtlinie 2009/24/EG das Recht auf Kontrolle der Weitervermietung des Programms oder einer Kopie davon. Dem entspricht die deutsche Regelung: Wird das Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, erschöpft sich nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts. 25 aa) Nach einer Ansicht ist Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG unmittelbar anwendbar, wenn der Rechtsinhaber es einem Kunden - nach Abschluss eines Lizenzvertrags - gestattet, dadurch ein Vervielfältigungsstück des Computerprogramms herzustellen, dass er das Computerprogramm von einer Internetseite herunterlädt und auf einem Datenträger abspeichert. Teilweise wird dies damit begründet, dass die Bestimmung des Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG die Rechtsfolge der Erschöpfung des Verbreitungsrechts an den Erstverkauf einer Programmkopie knüpfe und daher nicht unbedingt das Inverkehrbringen eines Vervielfältigungsstücks des Computerprogramms voraussetze (vgl. Sosnitza, ZUM 2009, 521, 522 ff.; Eilmansberger, GRUR 2009, 1123, 1124 ff.; Blocher in Walter aaO Art. 4 Software-RL Rn. 28; vgl. auch Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69c Rn. 24). Teilweise wird geltend gemacht, die Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erfasse bereits den Fall, dass der Rechtsinhaber den Datenbestand oder Objektcode der Software als immaterielles Vervielfältigungsstück des Computerprogramms in Verkehr bringe (vgl. Mäger, CR 1996, 522, 524 ff.; Ulmer/Hoppen, CR 2008, 681 ff.). Der Zweck der Regelung, dem Rechtsinhaber die Möglichkeit zu geben, beim erstmaligen Inverkehrbringen des geschützten Erzeugnisses einen finanziellen Ausgleich für die Nutzung seines Rechts zu erhalten, sei auch dann gewahrt, wenn sich das Verbreitungsrecht bei einer dauerhaften, gegen Entgelt erfolgenden Überlassung der Software im Wege der Online-Übermittlung erschöpfe. 26 bb) Nach anderer Auffassung ist Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG im Falle der unkörperlichen Veräußerung eines Computerprogramms im Wege der Online-Übermittlung entsprechend anwendbar (vgl. zu § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69c UrhG Rn. 31; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69c Rn. 24; Hoeren in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 69c Rn. 16; Fromm/Nordemann/Dustmann aaO § 19a UrhG Rn. 29; vgl. auch Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 69c UrhG Rn. 8). Es bestehe eine planwidrige Regelungslücke, weil der Richtliniengeber diese Fallgestaltung weder geregelt noch bedacht habe. Es sei auch eine vergleichbare Interessenlage gegeben, weil es technisch und wirtschaftlich gleichgültig sei, ob dem Erwerber ein Programmträger übergeben oder ob ein Programmträger vom Erwerber im Wege des Herunterladens des Programms erzeugt werde und der Rechtsinhaber dafür jeweils ein angemessenes Entgelt erhalte. Habe der Rechtsinhaber einem Herunterladen des Programms aus dem Internet und dem Abspeichern des Programms auf einem Datenträger zugestimmt, sei sein Verbreitungsrecht hinsichtlich dieser Programmkopie erschöpft. 27 cc) Nach einer weiteren Ansicht setzt eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG stets das Inverkehrbringen eines körperlichen Vervielfältigungsstücks des Computerprogramms durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung voraus. Nach dieser Auffassung ersetzt die Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Herstellung eines Vervielfältigungsstücks nicht die Zustimmung zu dessen Verbreitung (Schricker/Loewenheim aaO § 69c UrhG Rn. 34; Fromm/Nordemann/Czychowski aaO § 69c UrhG Rn. 33; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 19a UrhG Rn. 6; Bergmann in FS Erdmann, 2002, S. 17 ff.; Spindler, CR 2008, 69, 70 ff.). Danach sind in einem solchen Fall die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG nicht gegeben, weil weder eine planwidrige Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage besteht. 28 Der Richtliniengeber habe bewusst davon abgesehen, die Regelung zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft auf eine Online-Übermittlung auszuweiten und damit auch die Online-Übermittlung von Software der Erschöpfung zu unterwerfen. In Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 2001/29/EG sei festgehalten, dass sich die Frage der Erschöpfung weder bei Dienstleistungen allgemein noch bei Online-Diensten im Besonderen stelle und dass dies auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werkes oder eines sonstigen Schutzgegenstandes gelte, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden seien. Die Europäische Kommission habe zudem bereits im Jahr 2000 in ihrem Bericht an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Umsetzung und die Auswirkungen der Richtlinie 91/250/EWG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen darauf hingewiesen, dass sich nach Art. 4 Buchst. c Satz 2 der Richtlinie 91/250/EWG (jetzt: Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG) das Urheberrecht nur beim Verkauf einer Programmkopie, also einer Ware, erschöpfe, hingegen die Lieferung über einen Online-Dienst keine Erschöpfung bewirke (KOM [2000] 199 endg., S. 18). 29 Darüber hinaus sei die Interessenlage beim Inverkehrbringen eines körperlichen Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms eine wesentlich andere als bei der Online-Übermittlung eines unkörperlichen Datenbestandes. Der Erschöpfungsgrundsatz diene dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren; nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers in Verkehr gebrachten Werkstücke, nicht aber das Werk selbst solle verkehrsfähig gehalten werden. Bei der Online-Übermittlung eines Computerprogramms gebe der Berechtigte keinen Gegenstand weiter, dessen Verkehrsfähigkeit ohne die Annahme einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts gefährdet wäre. 30 c) Falls auch die zweite Frage zu bejahen sein sollte, stellt sich schließlich die Frage, ob sich auch derjenige, der eine "gebrauchte" Softwarelizenz erworben hat, für das Erstellen einer Programmkopie - wie im Streitfall die Kunden der Beklagten durch Herunterladen des Programms von der Internetseite des Rechtsinhabers auf einen Datenträger oder durch Heraufladen des Programms in den Arbeitsspeicher weiterer Arbeitsplatzrechner - als "rechtmäßiger Erwerber" nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der vom Ersterwerber mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigten Kopie des Computerprogramms berufen kann, wenn der Ersterwerber seine Programmkopie gelöscht hat oder nicht mehr verwendet. 31 Teilweise wird bei einer solchen Fallgestaltung eine entsprechende Anwendung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG befürwortet (vgl. Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69c UrhG Rn. 36 f. mwN; Mäger, CR 1996, 522, 525 f.; vgl. auch Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69c Rn. 24). Eine Weitergabe des Speichermediums sei in Fällen der Online-Übertragung nicht praktikabel, weil die Software meist nur auf der Festplatte des Rechners gespeichert sei. Bei der unkörperlichen Veräußerung eines Computerprogramms sei daher nicht auf den vom Erwerber erstellten Datenträger, sondern auf den vom Veräußerer übermittelten Datenbestand abzustellen. Der Nacherwerber könne sich auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts berufen, wenn der Ersterwerber seine Programmkopie gelöscht habe und es damit nicht zu einer Verdoppelung des Datenbestandes komme. Entsprechendes gelte bei einer Veräußerung einzelner Lizenzen einer Mehrplatz- oder Volumenlizenz. Hier könne sich der Nacherwerber auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts berufen, wenn der Veräußerer seine Programmkopie in dem Umfang nicht mehr nutze, in dem er Lizenzen veräußert habe. 32 Nach der Gegenauffassung, die der Senat teilt, kommt bei einer solchen Fallgestaltung eine entsprechende Anwendung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG nicht in Betracht (vgl. OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 544; OLG Düsseldorf, MMR 2009, 629; Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 69d UrhG Rn. 8; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 69c UrhG Rn. 28; Spindler, CR 2008, 69, 75 ff.; Hoeren, GRUR 2010, 665, 672). Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts soll - so wird argumentiert - allein die Verkehrsfähigkeit einer vom Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung veräußerten, auf einem bestimmten Datenträger verkörperten Programmkopie gewährleisten. Die Wirkung der Erschöpfung sollte daher nicht auf den online übermittelten unkörperlichen Datenbestand ausgedehnt werden. Anderenfalls würde durch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG nicht die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG abgesichert, sondern die Übertragung eines Nutzungsrechts ohne Zustimmung des Berechtigten und ohne Weiterveräußerung des Gegenstands der Erschöpfung ermöglicht. Damit würde nicht die Verkehrsfähigkeit eines Vervielfältigungsstücks gewährleistet, sondern eine Verkehrsfähigkeit des Vervielfältigungsrechts oder des Werkes bewirkt. Der Zweiterwerber sollte sich deshalb nur dann als "rechtmäßiger Erwerber" nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung einer Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG berufen können, wenn er die Programmkopie erworben hat, hinsichtlich deren das Verbreitungsrecht erschöpft ist.

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